FC Arsenal
Arteta verliert Vertrauen in den eigenen „Prozess“
08. Apr. 2025, 11:58 Uhr

„Trust the process“: Mit diesem Mantra wirbt Mikel Arteta seit Amtsbeginn 2019 um Vertrauen in seine Arbeit. Der Klub sehnt sich nach einem großen Titel. Doch nun ist es der Trainer selbst, der vor dem Viertelfinale in der Champions League gegen Real Madrid die Geduld verliert.
Die Schaffenszeit von Mikel Arteta beim FC Arsenal prägt ein unablässiges Mantra. „Trust the process“, wiederholt der Trainer seit seiner Einstellung im Dezember 2019 so häufig wie nichts anderes. Es ist seine Bitte an den Klub und alle Fans, sich auf seine Arbeit mit den Spielern zu verlassen. Die Parole hat rund um Arsenal eine ähnliche Bekanntheit erlangt wie einst das geflügelte Sprüchlein „Arsène knows“, mit dem die Anhängerschaft ihr Urvertrauen in die Entscheide von Arsène Wenger ausgedrückt hatte. Der Elsässer schien bei den Gunners ein Trainer für alle Zeit zu sein; er leitete das Team knapp 22 Jahre lang. Wann immer der Klub ins Straucheln geriet, verließen man sich darauf, dass Wenger schon wisse, was zu tun sei, um das Ruder herumzureißen.
So stellte sich das offenbar auch Arteta vor, der unter ihm in Arsenal gespielt hatte. Seine Aufgabe war es, das Team nach dessen Abschied 2018 konkurrenzfähig zu machen. Dies ist ihm formidabel gelungen. Doch nun scheint er vor dem ersehnten Ziel, einen großen Titel zu holen, selbst die Geduld zu verlieren.
Noch fehlt Arteta der große Titel mit Arsenal
Nach zwei Vizemeisterschaften in Serie hinter Manchester City ist in dieser Saison der Eindruck entstanden, als würde Arsenal den ersten Ligatitel seit Wengers „Invincibles“ 2004 erzwingen wollen. Diese waren damals ohne eine einzige Niederlage durchmarschiert. Ein solcher Erfolg scheint eine Herzenssache von Arteta zu sein, auch weil ihn die Vorstellung antreibt, seinen Mentor Pep Guardiola, dem er einst bei City assistiert hatte, zu bezwingen. Zum schlechten Karma des Klubs gerade passt es, dass man nun die furios abgestürzte Guardiola-Elf zwar hinter sich lassen wird – aber trotzdem der kommende Meister Liverpool heißen wird. Alternativ bleibt nur der erstmalige Titel in der Champions League, am Dienstag geht es im Viertelfinalhinspiel zu Hause gegen Titelverteidiger Real Madrid.
Die Anspannung im Verein zieht sich durch die gesamte Saison. Sie äußert sich im hohen Anspruchsdenken des Trainers, mit dem er seine Mannschaft überfordern könnte, und seiner manchmal unverzeihlichen Rhetorik, vor allem gegenüber Schiedsrichtern. Nach dem Ligaspiel beim FC Everton (1:1) am vergangenen Wochenende wetterte er über einen unberechtigten Elfer und dämliche Fouls seiner Spieler. Zudem wird die Verletzungsmisere beklagt, derzeit fehlen allen voran Offensivallrounder Kai Havertz und Abwehrchef Gabriel.
Zuletzt gab Arsenal viel Geld für neue Spieler aus
Um die Entwicklung der Mannschaft zu forcieren, investierte Arsenal zwischen 2021 und 2024 massiv in Zugänge, das Transferminus belief sich in diesem Zeitraum fast auf eine halbe Milliarde Euro. Dabei war wohl die Idee von Arteta, die Eigenschaften der beiden in England zuletzt dominierenden Vereine Manchester City und Liverpool zu kombinieren. Sein Team sollte im Ballbesitz einerseits variabel und überlegt agieren (City), andererseits bei gegnerischem Ballbesitz intensiv und leidenschaftlich (Liverpool). Immer wieder stellte Arteta die Bedeutung der Unterstützung der eigenen Fans bei Heimspielen voraus, sie singen neuerdings sogar eine Hymne vor Anpfiff.
In der Champions League liegt der Druck nicht auf Arsenal
Doch die Emotionalisierung hat in dieser Saison bisher eher das Gegenteil bewirkt, es gab schon fünf Platzverweise in der Liga, die meisten aller Klubs. Und der eigenen Spielweise mangelt es an Punch, kein Spieler kommt auf eine zweistellige Trefferzahl in der Liga. In Ermangelung an Alternativen funktionierte Arteta zuletzt den Mittelfeldspieler Mikel Merino zum Mittelstürmer um. Dem Spanier sind in den vergangenen Wochen einige Tore gelungen, konstant ist auf ihn aber auch nicht Verlass. Auf der Einkaufsliste steht daher ein Torjäger oben, für den in den zurückliegenden Transferperioden womöglich das Geld fehlte. In der Regel kostet ein geprüfter Weltklasse-Stürmer mindestens 75 Millionen Euro. Kryptisch erklärte Arteta dazu, man müsse finanziell „in der Spur bleiben“. Dies fällt jetzt ins Aufgabengebiet des neuen Sportdirektors Andrea Berta, der von Atlético Madrid kam und den verdienten Brasilianer Edu ersetzte. Dieser hatte im Herbst (nach enttäuschen Sommertransfers) überraschend seinen Vertrag aufgelöst.
Nach der bisher gemäß den eigenen Ansprüchen eher ernüchternden Saison lastet der Druck im Duell mit Real Madrid immerhin nicht auf Arsenal. Vergleichbar war es in der Vorsaison, als man in der Meisterschaft bereits abgeschlagen schien und dann eine Aufholjagd startete. Vielleicht gilt für Mikel Arteta gerade das am meisten, was er selbst postuliert: „Trust the process.“
