Trent Alexander-Arnold verlässt Liverpool
Allein nach Madrid
12. Mai 2025, 19:46 Uhr

Nach 20 Jahren im Liverpool FC wechselt Trent Alexander-Arnold ablösefrei zu Real Madrid – und zieht damit den Zorn der Fans auf sich. Sie machen Anfield beim 2:2 gegen Arsenal für ihn zur Hölle. Zuvor hatte der Klub seine Personalie kühl abgehandelt.
Anfield sei wie die Hölle, fasste der Fußballer Etienne Capoue mal die Stimmung im Stadion des FC Liverpool zusammen. Damit bezog er sich auf die gelegentlich teuflische Unterstützung der Heimfans, die so schon zahlreiche Matches für ihren Verein gewonnen haben. Als der Tabellenzweite FC Arsenal am Sonntagabend beim feststehenden Meister Liverpool zu Gast war, schien es jedoch so, als hätte das Verhalten des Stammpublikums eher einen Punktverlust für die Elf von Trainer Arne Slot eingeleitet – indem es Anfield für den eigenen Spieler Trent Alexander-Arnold gewissermaßen zur Hölle machte.
Bei seiner Einwechslung in der 67. Spielminute wurde Trent Alexander-Arnold, 26, mit deutlich mehr Buhrufen als Beifall empfangen. Die Pfiffe setzten sich bei jedem Ballkontakt des Rechtsverteidigers fort, was ihn spürbar verunsicherte. Prompt stellte er sich drei Minuten später als mitschuldig am Ausgleichstor von Mikel Merino für Arsenal zum 2:2 (2:0)-Endstand heraus. Er spielte zunächst einen ungenauen Pass und beim folgenden Gegenangriff hob er das Abseits aus. Die Revolte sei zum „Akt der Selbstsabotage“ geworden, schrieb die Zeitung Telegraph.
Liverpool zu verlassen, sei die schwerste Entscheidung seines Lebens gewesen
Vor dem Spiel hatte das Eigengewächs bekannt gegeben, seinen am Saisonende auslaufenden Vertrag nicht mehr zu verlängern – nach 20 Jahren im LFC. Dem Klub und seinem Trainer hatte er dies bereits im März mitgeteilt. Die Entscheidung hielt er öffentlich bislang geheim, um die Saisonziele des Vereins nicht zu beeinflussen. Als Grund gab er an, eine neue Herausforderung zu suchen, die Komfortzone verlassen zu wollen und sich sowohl beruflich als auch persönlich weiterzuentwickeln. Wegen seiner tiefen Verbundenheit zu Liverpool, zur Stadt wie zum Klub gleichermaßen, darf man ihm abnehmen, dass dies der „härteste Beschluss seines Lebens“ gewesen sei, wie er in einer Videobotschaft sagte.
Am Unverständnis und der Enttäuschung über seinen Weggang änderte das nichts. Die LFC-Sympathisanten sahen in ihm einen sogenannten „One-club-footballer“ – einen, der seine ganze Laufbahn lang immer nur für einen Verein spielt. Die Reds haben einige davon, zum Beispiel die Idole Bob Paisley und Jamie Carragher. Das Selbstverständnis der Anhängerschaft gegenüber aus Liverpool stammenden Profis repräsentiert nichts so sehr wie ein altes Zitat von Carragher. „Was ist größer als Liverpool?“, hatte der Abwehrhaudegen einst einen Reporter zusammengefaltet, als der es wagte, ihn zu fragen, ob er nicht mal zu einem anderen Klub wechseln wolle.
Die Fans hofften, Trent Alexander-Arnold würde für immer in Liverpool bleiben
Diese Hoffnung befeuerte ebenfalls Trent Alexander-Arnold, indem er zu Beginn seiner Karriere euphorisiert verlautbarte, sein Ziel sei es, Titel zu gewinnen, Kapitän zu werden und zu einer Legende des Klubs aufzusteigen. Dies sei „selbstverständlich“ nicht vorstellbar, wenn er den Verein irgendwann verlasse, fügte er damals fachkundig an. Inzwischen hat er mit Liverpool alle möglichen Titel gewonnen, manche mehrfach. Vizekapitän ist er auch. Von seinem Wunsch für immer in Anfield zu bleiben, war seit geraumer Zeit allerdings nicht mehr viel zu hören.
Das dürfte daran gelegen haben, dass Real Madrid erwartungsgemäß um seine Dienste geworben hat, als Weltklasse-Nachfolger für den derzeit verletzten Dani Carvajal, 33. Beide Seiten sind sich dem Vernehmen nach längst einig. Es geht nur um den Zeitpunkt der Verkündung und eine kleine Ablösesumme für Liverpool, damit der Engländer vorzeitig bei der Klub-WM im Juni für Real auflaufen kann. Man könne an seinem Lächeln erkennen, dass wir beide wüssten, wohin er gehe, antwortete Slot zur Zukunft von Trent Alexander-Arnold. Damit würde es der Nationalspieler seinen Landsleuten Steve McManaman und Michael Owen gleichtun, die einst auch zu Liverpools internationalem Erzrivalen umsiedelten.
Wenn man von den eigenen Leuten verunglimpft werde, sei das wie ein „dicker Kloß im Hals“, berichtete Owen. Er könne sich vorstellen, dass sich Trent „gedemütigt“ fühle, weil es ihm seinerzeit ähnlich ergangen war. Statt „You’ll never walk alone“, wie im LFC immerzu gesungen wird, gilt für Alexander-Arnold auf dem Weg nach Madrid eher: „He’ll walk alone“.
Alexander-Arnold hat mit dem LFC alle Titel gewonnen, Vizekapitän war er auch
An der verbitterten Stimmungslage wirkt der Liverpool FC nicht unbeteiligt. Trotz der enormen Verdienste von Trent Alexander-Arnold, der gegen Arsenal sein 353. Pflichtspiel für die Reds absolvierte, speiste ihn der Verein in einem Statement (neben Fakten und seinen eigenen Zitaten) mit nur einem einzigen Satz ab. Ganz am Ende hieß es, der Spieler werde mit „unserer Dankbarkeit und Wertschätzung für seinen Beitrag während einer anhaltenden Erfolgsperiode“ den Verein verlassen. Und Slot fand zwar im Vorfeld einige wohlwollende Worte für Alexander-Arnold, kündigte aber an, fortan auf den internen Nachfolger Conor Bradley zu setzen, um diesem Spielpraxis zu verschaffen. Zur Reaktion der Fans fand Slot kühl, das Gute an Europa sei, dass jeder eine Meinung haben könne.
Dabei war Trent Alexander-Arnold ein Spieler wie kein anderer aus der eigenen Nachwuchsabteilung. Er bildete nach seinem Durchbruch im Sommer 2016 faste eine Dekade lang zusammen mit Mohamed Salah das Gespann auf der rechten Seite. Sagenhafte 23 Toren und 92 Vorlagen gelangen ihm als rechter Verteidiger für Liverpool, die Flanken, die aus seinem rechten Fuß stammen, gehören zu den gefühlvollsten im Weltfußball. Immerhin erhielt er einen Klaps von Salah, als er den Platz betrat. Es wirkte wie ein kleiner Dank.

Pokern, bluffen, warten ...
Vier Monate vor Vertragsende hat sich der FC Liverpool immer noch nicht mit den wichtigsten Spielern Mohamed Salah, Virgil van Dijk und Trent Alexander-Arnold geeinigt. Der Klub möchte nicht denselben Fehler machen wie Rivale Manchester City. Doch im Sommer können alle drei Spieler ablösefrei gehen.