Premier League und Football League
Auswärtsspiel für die Premier League
21. Jan 2024, 10:00 Uhr
Trotz intensiven Verhandlungen haben sich die Premier League und Football League bisher nicht auf einen neuen Solidaritätsvertrag einigen können. Deshalb kam es nun zu einer Anhörung vor dem Sportausschuss in Westminster.
Die Premier League hat seit einiger Zeit einen neuen, nicht unbedingt willkommenen Mitspieler: die UK-Regierung. Zwar spaltete sich die Liga vor drei Jahrzehnten vom englischen Verband FA ab, mit dem Ziel, sich fortan selbst zu verwalten. Doch das Vertrauen, das ihr entgegengebracht worden war, verspielte sie insbesondere durch das Mitwirken von sechs Spitzenvereinen an der letztlich gescheiterten Einführung einer internationalen Superliga im April 2021. Als Reaktion darauf übernahm die britische Politik die Spielkontrolle, indem sie die zeitnahe Gründung einer unabhängigen Aufsichtsbehörde ankündigte. Diese soll das Geschäftsgebaren der Profiklubs in Zukunft überwachen.
Am Dienstag kam es für die Premier League nun zum ersten Aufeinandertreffen mit dem Staat. Der Grund: Trotz jahrelangen Diskussionen konnte sich die Liga bisher nicht mit der für die zweite bis vierte Spielklasse verantwortlichen Football League auf einen neuen Tarifvertrag einigen. Es geht um die Höhe der solidarischen Abschlagszahlungen. Daher bestellte der Sportausschuss die beiden Vorsitzenden, Richard Masters für die Premier League und Rick Parry für die Football League, zur Anhörung ins Parlamentsgebäude nach Westminster ein. Ein Auswärtsspiel für die Premier League also, deren wichtige Treffen sonst immer in Londoner Nobelhotels stattfinden – und so widrig gestaltete sich auch die Atmosphäre im stickig wirkenden Wilson Room.
Die Differenzen seien ein “Conundrum”, eine nahezu unlösbare Aufgabe, gibt Masters zu
Masters musste sich bei der über anderthalbstündigen, sich oft im Kreis drehenden Vernehmung mehrere Sticheleien der neun anwesenden Kommissionsmitglieder gefallen lassen – ohne sich richtig wehren zu können. Denn er hatte einerseits die Interessen seiner Liga zu wahren und musste andererseits gleichzeitig den Eindruck vermitteln, auf eine Beilegung des Streits hinzuwirken. Irgendwann stellte der sich zur Beherrschung zwingende Masters ziemlich treffend fest, die Sachlage gleiche einem «conundrum», einer nahezu unlösbaren Aufgabe. Er dürfte sich ähnlich ausgeliefert gefühlt haben wie sonst Parry in den Diskussionen mit ihm. Der saß diesmal gelassen neben ihm; Parry weiss, dass die Zeit für ihn spielt. Gibt es kein Abkommen, wird die neue Aufsichtsbehörde entscheiden – voraussichtlich eher zugunsten der unteren Spielklassen.
Nur in einem Punkt kamen Masters und Parry letztlich überein: dass die Bestimmung in England, wonach am Samstagnachmittag keine Spiele im TV ausgestrahlt werden dürften, auch für den aufstrebenden Frauenfußball gelten müsse. Amüsiert bilanzierte die Kommissionschefin Caroline Dinenage, dass es auf diese Art zumindest der Frauenfussball geschafft habe, die unversöhnlichen Parteien zusammenzubringen. Danach beendete sie die Debatte mit dem Vermerk, die Fans würden an dieser Stelle wohl singen: «Ihr wisst nicht, was ihr tut!» Der neue Mitspieler schien sichtlich Spaß zu haben und dürfte, zum Leidwesen der Premier League, auch noch eine Weile im Spiel bleiben.