Julián Álvarez verlässt Manchester City
Teuerster Ersatzspieler der Welt
14. Aug 2024, 20:15 Uhr
Julián Álvarez ist mit seinem Wechsel zu Atletico Madrid für 95 Millionen Euro der Rekordabgang von Manchester City. Obwohl er in der Vorsaison die meisten Spiele für den Klub bestritt, saß er in den wichtigen Partien meist nur auf der Bank. Nun möchte der argentinische Weltmeister nicht mehr länger zwölfter Mann sein.
Julián Álvarez hat alle bedeutenden Titel des Weltfussballs gewonnen. Der Argentinier gewann mit der Nationalmannschaft die Südamerika-Meisterschaft und die WM 2022 und sicherte sich mit seinem Verein Manchester City zudem 2023 den Titel in der Premier League, den FA-Cup, die Champions League sowie anschliessend die Klub-WM. Damit gehört Álvarez bereits jetzt, mit 24 Jahren, zu den erfolgreichsten Fussballern. Allerdings fühlte sich das für ihn in jüngerer Zeit nicht immer so an, weil er im Gegensatz zum Nationalteam, für das er fast immer von Beginn an spielt, bei Manchester City in den wichtigen Saisonspielen zunächst meist nur auf der Bank sass. Aus diesem Grund hat er sich nun entschieden, den Verein nach zwei Jahren zu verlassen und in die Primera Division zu Atlético Madrid zu wechseln.
Am Dienstag bestätigten die beiden Vereine den Transfer des Angreifers. Die Spanier bezahlen eine kolportierte Ablösesumme von 75 Millionen Euro, die je nach anfallenden Bonuszahlungen auf bis zu 95 Millionen Euro ansteigen könnte – womit Julián Álvarez zum bisher teuersten Fussballer dieser Transferperiode avanciert und bei Atlético hinter dem Portugiesen João Felix, der 2019 für 127 Millionen von Benfica Lissabon gekommen war, der zweitteuerste Einkauf der Klubgeschichte ist.
Julián Álvarez kam 2022 für 20 Millionen Euro von River Plate
Für die vom Emirat aus Abu Dhabi alimentierten Citizens wiederum resultiert aus der Vereinbarung die höchste Transfersumme für einen Abgang, seit der Scheich Mansur bin Zayed Al Nahyan den Klub im Sommer 2008 übernommen hat. Manchester City verpflichtete den Argentinier im Winter 2022 für rund 20 Millionen von River Plate, verlieh ihn dorthin für ein halbes Jahr zurück – und verkauft ihn nun für den fünffachen Betrag. Der Transfer hatte sich vor zwei Wochen abgezeichnet, als der ruhige und öffentlich selten in Erscheinung tretende Julián Álvarez während der Olympischen Spiele vorsichtig andeutete, mit seiner Situation in Manchester unglücklich zu sein. In Paris war er Teil der argentinischen Fussballequipe.
In der vergangenen Saison hatte Álvarez zwar so viele Partien wie kein anderer City-Spieler absolviert. Doch in der K.-o.-Phase der Champions League, über die sich Spitzenkräfte wie er definieren, absolvierte Álvarez für ManCity erst einmal eine Partie von Beginn an: im Achtelfinal-Rückspiel gegen den FC Kopenhagen im März, nachdem City das Hinspiel klar gewonnen hatte. In der Premier League kam er weder im Titel-Duell mit Arsenal noch im Meisterschaftsfinal am letzten Spieltag zum Einsatz.
Trainer Guardiola kanzelte Álvarez’ Wunsch nach mehr Startelfeinsätzen ab
Als Reaktion auf Álvarez’ Aussagen kanzelte ihn der Trainer Josep Guardiola ab. Er sagte kühl, dass der Argentinier bereits oft spiele und sich gern Gedanken über seine Zukunft machen könne. So verfährt Manchester City immer wieder mit unzufriedenen und wechselwilligen Spielern: Der Verein lässt sie jeweils bereitwillig ziehen, sofern die finanziellen Bedingungen stimmen. So versucht der Klub, jegliche Unruhe im Team zu vermeiden. Trotzdem war es überraschend, wie wenig der Verein öffentlich um einen Verbleib des im Angriff sehr flexibel einsetzbaren Álvarez kämpfte.
In 103 Pflichtspielen für Englands Dauermeister gelangen Julián Álvarez beachtliche 36 Goals und 18 Assists; sein bedeutendster Treffer war jener im Finale der Klub-WM gegen Fluminense aus Brasilien. Seine ersten zwei Tore für den englischen Klub stehen rückblickend sinnbildlich für die insgesamt durchzogene Zeit in Manchester: Im Heimspiel gegen Nottingham Forest erzielte er einen Doppelpack – nachdem Erling Haaland zuvor im Spiel mit einem Hattrick geglänzt hatte. Álvarez’ Stellenwert für City zeigte sich vor allem in der Hinrunde der letzten Saison, als er zunächst fast gleichwertig den monatelang verletzten Spielmacher Kevin De Bruyne ersetzte und danach den Torjäger Haaland. In gewisser Weise war der Argentinier der Edelhelfer der Equipe, sozusagen der zwölfte Mann. Doch der möchte er nun nicht länger sein.
Bei Atlético ist der Angreifer nun gesetzt
In seinem Selbstverständnis hat er sich mit seinen Leistungen eine bessere Position bei City verdient als die des Ersatzspielers. Doch wer sich das Vertrauen von Guardiola erarbeiten will, benötigt neben Talent auch viel Geduld. In der Regel müssen sich Neuzugänge zunächst mit einer Nebenrolle begnügen, sofern sie nicht Haaland heissen. So erging es bereits den späteren Schlüsselspielern Ilkay Gündogan und Rodri. Und selbst Phil Foden, der bereits 2017 sein erstes Pflichtspiel unter Guardiola absolviert hat, wird noch immer überwiegend auf den Aussenpositionen eingesetzt und nicht in der Spielmitte, wo er lieber agieren würde.
Durch den Wechsel zu Atlético dürfte Julián Álvarez im Sturm nun gesetzt sein. Er gilt als Wunschspieler des Trainers und Landsmanns Diego Simeone, der hart für das Team arbeitende Profis wie Álvarez besonders schätzt. Es scheint, als wolle Atlético den für den Klub eher ungewöhnlichen offensiven Spielstil der Vorsaison fortsetzen und um Álvarez herum eine Mannschaft aufbauen, die wieder Titel gewinnen kann.
Die Einnahmen aus dem Transfer dürfte City für einen Kaderumbruch zurückhalten
Die Einnahmen aus dem Transfer wird City kaum für einen sofortigen Ersatz verwenden, sondern eher für den bevorstehenden Kaderumbruch in den nächsten Jahren aufsparen. Die meisten Stammspieler sind bereits mindestens 27 Jahre alt, sechs von ihnen haben ihren 30. Geburtstag bereits hinter sich. Und auch Guardiola geht in sein letztes Vertragsjahr – noch hat er sich nicht zu einer weiteren Vertragsverlängerung geäussert. Selbst nach dem Weggang von Álvarez besteht für den Klub auf keiner Position in der Offensive akuter Handlungsbedarf. Die Qualität der Mannschaft genügt nach wie vor höchsten Ansprüchen. Und doch verliert City an Substanz in der Breite, was sich angesichts der vielen Partien zu einem späteren Zeitpunkt in der Saison bemerkbar machen könnte. Anders als in den Vorjahren wartet auf Manchester City im Sommer 2025 zudem die neu lancierte vierwöchige Klub-WM in den USA.
In der Abschiedserklärung bedankte sich Manchester City ausdrücklich bei Julián Álvarez. So versuchte der Klub ihm doch noch jene Wertschätzung zu übermitteln, die dem Spieler in den Jahren in Manchester gefehlt hat. Txiki Begiristain, der Fussballdirektor der Citizens, befand, dass die Erfolge, die Julián Álvarez in seiner Karriere bereits erreicht hat, für sich sprächen. Und die nun enorme Ablösesumme tut das auch.