Arsenal siegt im Nord-London-Derby
Die Gangsterbande schlägt im Nachbarrevier zu
15. Sep 2024, 19:52 Uhr
Erstmals seit 38 Jahren läuft der FC Arsenal gegen Tottenham Hotspur ausnahmsweise nicht in den roten Stammtrikots auf und gewinnt 1:0. Die Spurs dominieren die Partie, vermissen aber ihren einstigen Angreifer Harry Kane. Arsenals Sieg ist eine Revanche für die Vorsaison.
An den Trikots ließ sich das berühmte North London Derby zwischen Tottenham Hotspur und dem FC Arsenal diesmal nicht erkennen. Erstmals seit 38 Jahren durfte Arsenal als Gastmannschaft am Sonntag nicht in den eigenen roten Stammtrikots gegen die Spurs antreten, die Gunners mussten auf das schwarze Ausweichtrikot zurückgreifen. Dabei gehörte es stets zu den Gepflogenheiten dieser Stadtrivalität, dass beide Vereine in den direkten Duellen in ihren Heimtrikots auflaufen, Tottenham also überwiegend in Weiß und Arsenal in Rot. Doch im Vorfeld der Partie entschied die Premier League zusammen mit dem Schiedsrichterverband, Arsenals Trikot würde in dieser Saison „zu viel weiß“ enthalten – und sehe damit dem Spurs-Leibchen zu ähnlich.
Bis auf die Trikotfarbe war ansonsten im Tottenham Hotspur Stadium allerdings fast kein Unterschied zu den vorherigen Auflagen auszumachen. Das Match beinhaltete die gewohnte Verbissenheit, Intensität und Spannung, ebenso packend und laut wie immer war die Atmosphäre auf den Tribünenrängen zwischen den Fanlagern. Zusätzliches Prestige hatte das Wiedersehen der Altbekannten durch den Ausgang der Vorsaison erhalten, als sich die Spurs-Anhänger in einem Nachholmatch vor dem letzten Spieltag diebisch über eine Heimpleite ihres Vereins gegen Manchester City freuten – weil diese aus Tottenhams Sicht dazu beitrug, dass letztlich City, und nicht das ungeliebte Arsenal, am Ende die Meisterschaft gewann.
Nächsten Sonntag empfängt Manchester City Arsenal zum Topspiel
Aus diesem Grund war Arsenal besonders auf Revanche aus. Und in den schwarzen Trikots wirkten die Gunners auch wie eine Gangsterbande, die einmal schnell für 90 Minuten ins Nachbarrevier einbrach und drei Punkte entführte. Im Prinzip hatte Arsenal nicht viel zu bestellen, die Mannschaft des, ebenfalls in schwarz gekleideten, Trainers Mikel Arteta war Tottenham in nahezu allen relevanten Statistiken unterlegen. Kaum Ballbesitz, viel weniger Torschüsse – aber dafür drückten die Gunners im entscheidenden Moment voll ab, in Person des Innenverteidigers Gabriel. Der wuchtete in der 64. Minute einen schmackigen Eckball von Bukayo Saka per Kopf aus kurzer Distanz zum Siegtreffer ins Netz.
Durch das 1:0 (0:0) bleibt Arsenal nach vier Premier-League-Spieltagen dem bisher punkverlustfreien Schon-wieder-Tabellenführer Manchester City auf den Fersen, das nach frühem Rückstand den FC Brentford durch zwei Tore von Erling Haaland 2:1 besiegte. City hat jetzt zwölf Punkte, Arsenal zehn, nächsten Sonntag kommt es in Manchester zum Spitzenspiel der beiden Vereine. Für die Gunners ist es dabei eher kein Nachteil, zuerst auswärts agieren zu müssen. Auf fremdem Platz hinterlässt die Mannschaft derzeit einen abgezockten Eindruck, seit dem vergangenen Jahresende ist sie ungeschlagen.
Tottenham fehlt gewissermaßen ein Torjäger wie Harry Kane
Arsenals effiziente Ertrags- und Aufwandsspielweise steht der Tottenhams fast gegenüber. Die Spurs spielen unter dem Coach Ange Postecoglou einen Dauerhochgeschwindigkeitsball, der bisweilen so rasend vonstattengeht, dass es an Ruhe und Cleverness bei der Chancenverwertung mangelt. Den Spurs fehlt, gewissermaßen, ein Torjäger wie Harry Kane, der einst Ewigkeiten den Angriff des Vereins prägte, bis er im Sommer 2023 bekanntlich für 100 Millionen Euro zum FC Bayern gewechselt ist.
Sein Abschied bot den hinter ihm zurückbleibenden Spielern eine Bewährungschance, die sie durchaus nutzten – aber konstant kann den Killer Kane niemand ersetzen. Wohl auch nicht der neue Rekordklubeinkauf Dominic Solanke, 26, vom AFC Bournemouth, den sich die Spurs in diesem Transferfenster stolze 65 Millionen Euro kosten ließen. Dem Engländer gelang es trotz guter Chancen auch in seinem zweiten Spiel für Tottenham nicht, seinen ersten Treffer zu erzielen – und seinem Team damit zumindest einen Punkt zu retten, der dem Spielverlauf angemessen erschien.
Die Spielweise ist wagemutig wie immer, die Ergebnisse bleiben dürftig
Mit nur einem Ligasieg aus den ersten vier Spielen treten die Spurs auf der Stelle, immer mehr muss sich der von sich überzeugte Postecoglou nun überlegen, wie lange er seinen erlebnisreichen Stil noch durchziehen kann. Tottenham spielt zwar unter ihm wagemutig wie immer, was die Fans honorieren. An den häufig durchschnittlichen Ergebnissen des Klubs hat das allerdings bisher zu wenig geändert. Immerhin wird es im Rückspiel gegen den FC Arsenal in jedem Fall zumindest ein bisschen anders aussehen. Dann muss Tottenham, sozusagen als Kompensation, im eigenen Auswärtstrikot antreten, es ist hellblau.