Xabi Alonso und Liverpool
„Xabi Alonso genießt Heldenstatus in Anfield“
05. Nov 2024, 13:36 Uhr
Beim FC Liverpool reifte Xabi Alonso einst als Spieler zum Weltstar, nun kehrt er als Trainer von Bayer Leverkusen zurück an die alte Wirkungsstätte. Sein früherer Liverpool-Mitspieler Dietmar Hamann prophezeit ihm einen Empfang, wie ihn bisher nur wenige erhalten haben.
Wahrscheinlich hätte Xabi Alonso das Champions-League-Spiel zwischen dem FC Liverpool und Bayer Leverkusen am Dienstag auch für die Engländer coachen können. Seit zwei Jahren steht der Spanier inzwischen als Trainer bei Bayer unter Vertrag, aber in der Vorsaison soll auch Liverpool intensiv um seine Dienste geworben haben – als Nachfolger für den zurückgetretenen Jürgen Klopp. Allerdings entschied sich Alonso, zunächst mal beim Deutschen Meister zu bleiben. Dafür holte Liverpool den Niederländer Arne Slot, der ohne Alonsos Absage jetzt vermutlich nicht an der Merseyside tätig wäre. Doch Alonsos Gastspiel an der Anfield Road steht nicht aufgrund dieser Trainerkonstellation im Fokus. Sondern weil er als Spieler für die Reds von 2004 bis 2009 aufgelaufen war. In dieser Zeit reifte er in Liverpool zum Weltstar, gewann mit dem Klub 2005 die Champions League, als man bekanntlich ein 0:3 im Finale gegen den AC Mailand dramatisch aufholte und im Elfmeterschießen siegte.
Liverpool habe eine höhere Wertigkeit für Alonso als die anderen Klubs, glaubt Hamann
Wenn er nun über die Rückkehr von Xabi Alonso an Liverpools Anfield Road spreche, bekomme er Gänsehaut, sagt Dietmar Hamann am Telefon. Der frühere DFB-Nationalspieler kickte mit Alonso zwei Jahre am River Mersey zusammen. Er sei sicher, sagt Hamann, dass sich alle Liverpool-Fans für Alonso von ihren Sitzen erheben werden. Er prophezeit seinem einstigen Mitspieler einen Empfang, den bisher nur ganz auserwählte Spieler und Trainer im Anfield-Stadion erhalten hätten. Da werde es selbst für den nach außen so ruhig wirkenden Alonso schwer, sich die Emotionen nicht anmerken zu lassen, betont Hamann. Aus seiner Sicht hätte Liverpool für Alonso nochmals eine „höhere Wertigkeit“ als seine späteren Stationen bei Real Madrid und dem FC Bayern – denn bei den Reds genieße er so etwas wie Heldenstatus.
Seine Karriere hatte der heute 42-Jährige einst bei seinem Jugendklub Real Sociedad begonnen. Von dort aus wechselte er mit 23 Jahren für stattliche 16 Millionen Euro zu Liverpool, er war der Wunschspieler des damals neuen Trainers Rafael Benítez für das Mittelfeld. Obwohl es jungen ausländischen Spielern häufig schwerfällt, sich in der Premier League zurechtzufinden, habe Xabi Alonso „überhaupt keine Anlaufzeit“ benötigt, erinnert sich Hamann. Zwar sei Alonso nicht unbedingt der beste und schnellste Athlet gewesen, doch im Kopf habe er immer mindestens einen Schritt vorausgedacht: Er war unheimlich passsicher, technisch perfekt und hatte ein sehr gutes Auge, zählt Hamann auf. Man habe sich immer auf ihn verlassen können, weil er praktisch nie schlecht gespielt habe.
Trotz seiner fußballerischen Extraklasse sei Alonso immer auch Teamspieler gewesen
Neben seinen fußballerischen Fähigkeiten imponierte Hamann, dass Alonso sich zu jeder Zeit als absoluter Mannschaftsspieler erwiesen habe. Trotz seiner Extraklasse erhob er sich nie über seine Kollegen. Bis heute finde man deshalb eigentlich niemanden, der etwas Negatives über Alonso sage. Dafür macht Hamann auch dessen Bescheidenheit aus und dass er die Sprache, Kultur und Eigenheiten in Liverpool angenommen hat. Durch diese Nahbarkeit habe er den dort lebenden Menschen das Gefühl vermittelt, er gehöre zu ihnen. Dies verhalf ihm letztlich zu einer ungemeinen Popularität.
Schon nach kurzer Zeit übernahm Alonso mit dem Klubkapitän Steven Gerrard die Verantwortung für die Mannschaft, und in gewisser Weise auch für den Verein. Er absolvierte insgesamt 210 Pflichtspiele für die Reds, nur für Real Madrid waren es ein paar mehr. Zu seinem Abschied nach Madrid führte am Ende vermutlich ein Zerwürfnis mit Trainer Benítez. Der wollte ihm im Frühjahr 2008 vor einem wichtigen Champions-League-Spiel verweigern, dass er zur Geburt seines Sohnes vom Team abreist. Letztlich entschied sich Alonso für die Familie.
Nicht mal der Abschied wurde Xabi Alonso verübelt
Ein Jahr später wechselte Xabi Alonso dann für 34,5 Millionen Euro zu Real Madrid. Der Transfer hat seiner Beliebtheit in Liverpool nie geschadet, sie vielleicht sogar vergrößert – weil sich die Kritik ausschließlich an den Trainer richtete. Der Tenor der Fans sei es gewesen, Benítez habe den eigenen Liebling vergrault und trage dafür die Schuld, berichtet Hamann. Vor dem Wiedersehen mit Liverpool bekannte Xabi Alonso, dass es kaum etwas Besseres gebe, als in Anfield zu spielen. Vielleicht kehrt er in Zukunft ja tatsächlich noch als Trainer des Klubs zurück. Hamann sagt, auch wenn Xabi Alonso eventuell äußerlich keine Regung zeige, werde ihn das Match bestimmt nicht kalt lassen. Und die Fans des FC Liverpool mit Sicherheit auch nicht.