Luke Littler gewinnt Darts-WM
Krönung mit 17
04. Jan. 2025, 00:17 Uhr
Luke Littler gewinnt das WM-Finale im Darts klar gegen den dreifachen Champions Michael van Gerwen. Der Engländer ist nun der jüngste Darts-Weltmeister aller Zeiten. Sein Finalsieg gleicht einer Machtdemonstration – er wirft wie eine Maschine.
Die Gefühlsexplosion im Londoner Alexandra Palace nach dem letzten Wurf der diesjährigen Darts-WM hörte sich wie ein Urknall für die Sportart an. Mit einem Volltreffer in die Doppel-16 krönte sich der zum Kronprinz des Pfeilwerfens auserkorene Luke Littler am Freitagabend gewissermaßen zum König – mit gerade einmal 17 Jahren. Der Engländer ist nach seinem 7:3-Sieg gegen den dreifachen Champion Michael van Gerwen nun der jüngste Weltmeister im Darts. Er löst van Gerwen ab, der 2014 als 24-Jähriger erstmals die WM gewann.
Nach seinem Sieg hielt sich Littler immer wieder fassungslos die Hände an den Kopf, dann kamen ihm die Tränen. Bis dahin hatte er angesichts seiner imposanten Vorstellung eher wie eine Maschine gewirkt. Seine Durchschnittspunktzahl bei drei Darts lag bei 102,73 Punkten, dazu kam eine unfassbare Quote auf die Doppelfelder von 56 Prozent. Er könne das alles nicht glauben, stammelte Littler im Interview.
Für den WM-Titel kassiert Littler eine halbe Million Pfund
Furchteinflößend an Littler ist neben der Spielweise auch sein Künstlername „The Nuke“: die Atombombe. Der passt insofern zu ihm, als dass er gewissermaßen in seiner Sportart eingeschlagen ist wie eine Bombe, die alles erschüttert. Obwohl sich die Weltrangliste aus dem Preisgeld der vergangenen zwei Jahre zusammensetzt, ist Littler nach nur einer Profisaison jetzt der neue Weltranglistenzweite. Für den WM-Erfolg kassiert er eine halbe Million Pfund, er ist bereits als Teenager Millionär.
Die Vorentscheidung fiel im sechsten Satz, als Littler beim Stand von 2:2 im letzten Leg dieses Durchgangs eine mögliche Aufholjagd seines Gegners mit dem 5:1 brachial niederschmetterte. Er zog bei eigenem Anwurf mit ständigen Würfen in die Dreifachfelder davon und checkte den Spielabschnitt abermals über die Doppel-10 aus. Besonders beeindruckte Littlers Präsenz und Konstanz. Zu keinem Zeitpunkt ließ seine Konzentration nach, sein Auftritt glich einer Machtdemonstration.
Experte John Part prognostiziert richtig, dass der erste Satz entscheidend werde
Die Fans, die sich stets fair verhielten, passten sich von der Lautstärke dem hohen Niveau Littlers an. Sie feuerten beiden Spieler an und schrien nach gelungenen Wurfkombinationen auf. Schon beim Einlaufen der Spieler auf die Bühne kochte der Ally Pally. Auf dem Schwarzmarkt wurden Eintrittskarten zum fünffachen Preis (250 Pfund) feilgeboten. Auch das Medienaufgebot war so hoch wie nie. Das Finale glich einem Höhepunkt in der Entwicklung des Darts.
Das Duell zwischen Littler und van Gerwen wurde aufgrund des Altersunterschieds als Generationsduell angesehen. Während van Gerwen seit zwei Jahrzehnten auf der Profitour spielt, hat Littler gerade mal seine erste Saison hinter sich. Beide Seiten kennt der Altmeister und heutige Sky-Experte John Part; er gewann sowohl als junger als auch etablierter Profi einst die WM. Im Gespräch mit BTL analysierte der Kanadier vor dem Endspiel, dass Littler den Vorteil besitze, nichts zu verlieren zu haben. In dessen Alter agiere man ohne Angst, man sei immer zuversichtlich und glaube stets daran, alles schaffen zu können, betonte Part. Im Vergleich dazu könne van Gerwen durch seine Erfahrung bestimmte Spielsituationen antizipieren und wisse, was in solchen Momenten zu tun sei.
Littlers furioser Beginn hinterlässt Wirkung bei van Gerwen
Als Schlüsselfaktor für den Ausgang des Matches machte Part den ersten Satz aus. In diesem müsse vor allem van Gerwen zeigen, dass er mithalten könne, um seinen Gegner ins Nachdenken zu bringen. Das versuchte der Niederländer auch, er warf bereits bei seinem vierten Versuch die Höchstpunktzahl „180“. Allerdings konnte er keinen der vier Würfe auf die Doppelfelder verwerten. Die Fehler nutzte Littler zum Break und sicherte sich den umkämpften ersten Satz. Littlers furioser Beginn hinterließ Wirkung bei van Gerwen, er kratzte sich die Stirn und zupfte an seinem Trikot. Auch im zweiten, dritten und vierten Durchgang konnte er den Schwung seines Kontrahenten nicht aufhalten, er konnte in allen drei Sätzen zusammengerechnet nur zwei Legs für sich entscheiden.
Vor einem solch deutlichen Rückstand hatte Part gewarnt, weil van Gerwen dadurch Gefahr laufe, eventuell überrollt zu werden. So wirkte es nun beim Stand von 0:4. Am meisten Probleme bereitete ihm seine Quote auf die Doppelfelder, nach den ersten vier Sätzen hatte er nur katastrophale drei von 17 Würfe versenkt. Bei Littler lag die Trefferbilanz stattdessen bei knapp unter 50 Prozent, immer wieder traf er seine geliebte Doppel-10. Er ballte die Faust und heizte die frenetische Stimmung an. Die Fans, die wegen des Heimvorteils überwiegend zu ihm hielten, feierten: „There is only one Luke Littler!“ Und so wie er spielte, war das tatsächlich ziemlich einzigartig.
Diesmal gibt Littler seinen Vorsprung nicht mehr aus der Hand
Trotz des maximal unbefriedigenden Spielverlaufs blieb van Gerwen für seine Verhältnisse nach außen hin erstaunlich gelassen. Seinen Frust drückte er nur aus, indem er immer wieder kopfschüttelnd auf den Boden blickte. Eventuell erinnerte sich van Gerwen angesichts seiner Chancenlosigkeit an das Finale im Vorjahr. Damals spielte Littler vergleichbar furios auf, führte 4:2 – ehe sein Gegner Luke Humphries fünf Durchgänge in Folge gewann und sich damit doch noch den Titel sicherte.
Wie Humphries gelang es van Gerwen, sich zu steigern. Mit einem Kracher ins Bulls Eye brachte er seinen Anwurf im fünften Satz durch und verkürzte immerhin auf 1:4. Doch diesmal konterte Littler sofort und hielt den Vorsprung konstant. Van Gerwen gab trotzdem nie auf – aber den Durchbruch von Luke Littler auf den Darts-Thron konnte er nicht stoppen.