Klub-WM-Finalist Chelsea

Der logische Finalist der Klub-WM

11. Juli 2025, 19:53 Uhr

Der FC Chelsea ist unter Todd Boehly zur Millliardenschleuder geworden. (Foto: Dave Shopland / Shutterstock / Imago Images)
Der FC Chelsea ist unter Todd Boehly zur Millliardenschleuder geworden. (Foto: Dave Shopland / Shutterstock / Imago Images)

Der FC Chelsea bestreitet am Sonntag das Finale der Klub-WM gegen Paris Saint-Germain. Dabei passt der Klub mit seinen Milliardeninvestitionen perfekt zum Gigantismus der Fifa rund um die Klub-WM.

Von Sven Haist, New York

Nichts ist besser als ein Tor“, sagt Todd Boehly, Vorsitzender und Mitbesitzer des FC Chelsea. Ein Treffer fühle sich einfach großartig an – ein Gegentor hingegen sei kaum zu ertragen. Dem US-Entrepreneur, der zu College-Zeiten ein talentierter Ringer war, darf man in dieser Angelegenheit durchaus Fachkenntnis zuschreiben: Sein Geschäftsportfolio umfasst eine ordentliche Zahl von Vereinen aus verschiedenen Sportarten. Ähnlich scheint es Gianni Infantino zu empfinden, der Präsident des Weltfußballverbands Fifa, dem offenbar ebenfalls nicht genug Tore fallen. Mit der aufgeblähten Klub-WM hat er ein weiteres Turnier in die Fußballdauerschleife integriert. Doch Boehly und Infantino verbindet mehr als nur die Leidenschaft für Tore: Beide eint eine Vorliebe für ambitionierte, neokapitalistisch geprägte Ideen, die sie in ihren Fußballorganisationen konsequent vorantreiben. Insofern ist Chelsea – im positiven wie im kritischen Sinne – ein logischer Finalist dieses Infantino-Wettbewerbs.

Seit der Übernahme hat Todd Boehly 1,6 Milliarden Euro in Ablösen investiert

Seit der Übernahme des Londoner Klubs im Mai 2022 versucht Boehly gemeinsam mit dem Finanzvehikel Clearlake, die tradierten Strukturen des Fußballmanagements zu modernisieren – oder gar zu revolutionieren. Das Konsortium mobilisierte bislang rund 1,6 Milliarden Euro an Ablösesummen für neue Spieler. Allein in der aktuellen Transferperiode floss bereits wieder eine Viertelmilliarde. Zuletzt verpflichtete man den brasilianischen Angreifer João Ped­ro für 63 Millionen von Brighton & Hove Albion. Er wurde prompt für die Klub-WM nachnominiert – und entschied mit zwei Toren das Halbfinale gegen sei­nen Ausbildungsverein Fluminense. Während des Turniers agierte Boehly gewissermaßen wie ein Glücksspieler in Las Vegas: Das von Trainer Enzo Maresca und seinem Team erspielte Preisgeld investierte er umgehend wieder – mit dem Ziel, durch weitere Erfolge zusätzliche Einnahmen zu generieren. Der Erlös vor dem Endspiel gegen Paris Saint-Germain am Sonntag: 90 Millionen Euro.

Chelseas Kaderstruktur gleicht der von PSG

Chelseas Kaderstruktur mit insgesamt 46 Profis spiegelt jene von PSG wider: teamdienliche Stars, zahlreiche Talente und ein breites Aufgebot an individuell starken Spielern. Wobei Chelsea einst Vorreiter dieses Modells war, das Paris anschließend mit Transferausgaben von 700 Millionen Euro in den vergangenen zwei Saisons sportlich effizienter nachahmte. Die zugrunde liegende Strategie: Mit einem Kader aus leistungsbereiten Spielern den steigenden Anforderungen des Elitefußballs begegnen – und durch langfristige Verträge Kontrolle über das Transfergeschehen behalten. Boehly betrachtet die Verpflichtungen nicht als bloße Kostenfaktoren, sondern als Wertanlagen. Ziel sei es, ein Spielerportfolio zu kreieren, das auf höchstem Niveau über Jahre hinweg zusammenspiele, sagte er.

Diese Vision verschafft Chelsea beachtliche Gestaltungsfreiräume – eine Flexibilität, die anderen Topvereinen oft fehlt, weil sie durch auslaufende Verträge unter Handlungsdruck geraten. Zwar wurde Boehlys Ansatz im konservativen Fußballbetrieb belächelt, doch die wachsenden Erfolge beweisen, dass sein aus dem Baseball adaptierter Managementstil funktionieren kann. Auch hierin zeigt sich eine Parallele zur umstrittenen Klub-WM Infantinos, die außerhalb Europas inzwischen zunehmend Zustimmung erfährt.

Das finanzielle Risiko ist enorm: Die Holding verlor zuletzt eine Milliarde

Gleichwohl ist das Risiko, das Boehly und seine Mitstreiter eingehen, nicht zu unterschätzen. Der Gesamtverlust der Holding mit ihren diversen Tochtergesellschaften, zu denen auch der FC Chelsea gehört, beläuft sich auf 1,35 Milliarden Euro. In ähnlicher Höhe wurden Darlehen aufgenommen, um die Umstrukturierung zu finanzieren. Dass der Klub unlängst einen Gewinn ausweisen konnte und die Auflagen der Premier League gerade noch erfüllte, lag an kreativen Bilanzierungsmaßnahmen – darunter der Verkauf des Frauenteams und zweier Hotels innerhalb des Firmengeflechts. Boehlys einstiger Ausspruch, das Finanzwesen sei ein „superkreatives“ Geschäft, erhält so eine ironische Note.

Europas Fußball-Union Uefa erkannte diese Umschichtungen allerdings nicht an und belegte den Verein mit einer Geldstrafe von 31 Millionen Euro, mit der Option auf höhere Sanktionen bei weiteren Verstößen. Die Rechnung von Boehly & Co. erinnert an die großzügigen finanziellen Zusagen der Fifa an die teilnehmenden Vereine – die wohl kaum haltbar gewesen wären, hätte Saudi-Arabien nicht kurzfristig als Geldgeber fungiert. Trotz aller Analogien gibt es einen Unterschied: Während sich Gianni Infantino im Finale über jedes Tor freuen kann, zählen für Todd Boehly nur jene Treffer, die für den FC Chelsea fallen.

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