Manchester City kämpft um Einfluss
„Wir ruhen uns aus, wenn wir sterben“
16. Juli 2025, 23:16 Uhr

Die Klub-WM glich für Manchester City einem geopolitischen Showdown: Die Besitzer aus den Emiraten haben gegenüber Saudi-Arabien und Katar an Einluss verloren. Die Reaktion darauf sind teure Investitionen.
Pep Guardiola hat ein vorzügliches Motto für diese überdimensionierte Klub-WM geliefert. Es ist derart pointiert, dass es der Weltfußballverband Fifa vermutlich bedauert, nicht selbst darauf gekommen zu sein. Denn es eignet sich hervorragend als Konter für all jene, die eine Überlastung der Spitzenspieler beklagen. Guardiola sagte: „Wir ruhen uns aus, wenn wir sterben!“ Diese Worte raunte der Trainer von Manchester City lange verletzten Verteidiger Nathan Aké zu Turnierbeginn zu, als er ihn im Trainingscamp des Vereins in Boca Raton, Florida, überschwänglich begrüßte. Guardiolas Stimme klang dabei wie die eines Erzählers nach der Apokalypse – was der Nachhaltigkeit der Aussage nur zuträglich ist. Zuvor hatte er Aké mitgeteilt, es sei gut, zurück zu sein, jetzt gehe es los. Der überraschte Aké murmelte zustimmend: „Genau, genau …“.
Katar stellt den Champions-League-Sieger, Saudi-Arabien sponsort die Klub-WM
Trotz dieser markigen Parole ist kaum anzunehmen, dass Guardiola auf dem Transatlantikflug seine kritische Haltung gegenüber dem proppenvollen Spielkalender abgelegt hat. Er gilt seit jeher als mahnender Gegner des Expansionsdrangs im Spitzenfußball. Doch mit seinem Tatendrang wollte er seinen Spielern offenbar signalisieren, dass Müdigkeit für ihn keine akzeptable Ausrede ist – auch wenn die Fifa den Kontinentalvergleich in den Sommerurlaub der europäischen Topvereine gezimmert hat. Den neuen Superwettbewerb will das von Scheich Mansour Bin Zayid Al Nahyan aus den Vereinigten Arabischen Emiraten alimentierte Manchester City, das verbittert bestreitet, sich im Staatsbesitz zu befinden, für einen sportlichen und geopolitischen Gegenangriff nutzen.
Im globalen Machtspiel geht es Mansour, Mitglied der Herrscherfamilie von Abu Dhabi, darum, die Deutungshoheit im Fußball gegenüber den rivalisierenden Golfstaaten Katar und Saudi-Arabien zu bewahren. In der Rangordnung autoritärer Staaten mit fragwürdiger Menschenrechtsbilanz drohen die Emirate im Fußball ins Hintertreffen zu geraten. Katar besitzt den Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain, Saudi-Arabien finanziert das laufende Turnier indirekt, indem eine Milliardensumme in den Streamingdienst Dazn gesteckt wurde, der daraufhin weltweit die Übertragungsrechte kaufte.
Mansours City-Group geht es um ein Fußballnetzwerk
Und die Emirate? Zwar war Mansour der erste großflächige Investor aus der arabischen Region und kann nach wie vor auf eine prestigeträchtige Titelsammlung verweisen. Doch in der Vorsaison blieb City erstmals seit acht Jahren titellos. Zudem wirft die Premier League dem Klub schwere Verstöße gegen die Finanzregeln vor, die im schlimmsten Fall zum Zwangsabstieg führen könnten.
Vor diesem Hintergrund hat Manchester Citys Achtelfinale gegen den saudischen Verein al-Hilal aus Riad, dessen Eigner der Staatsfonds Saudi-Arabiens ist, für die Emirate eine enorme Symbolik. Zumal das neu konzipierte Klubturnier mit 32 Mannschaften wie maßgeschneidert erscheint für die City Football Group, Mansours Fußballimperium mit zwölf Klubs auf vier Kontinenten. Keine andere Organisation betreibt mehr Profivereine. Und dennoch konnte sich neben Manchester City kein weiterer Verein aus dem eigenen Verbund qualifizieren. Besonders schmerzhaft ist das Fehlen des New York City FC, da New York als Epizentrum des Wettbewerbs gilt. Stattdessen hob die Fifa den zuletzt schlechter platzierten Ligarivalen Inter Miami als Gastgeber ins Teilnehmerfeld.
Die Ansage an Guardiola: die Klub-WM gewinnen
Am Turnierkonstrukt lassen sich die unterschiedlichen strategischen Ausrichtungen der Mitspieler vom Persischen Golf gut nachvollziehen. Für Scheich Mansour stand mutmaßlich von Anfang an der Aufbau eines weltweiten Fußballnetzwerks im Fokus, darauf deutet die Vielzahl der Klubs hin. Katar hingegen verfolgte das Ziel, eigene Funktionäre in den Machtzentralen des Weltfußballs zu platzieren: Nasser Al-Khelaifi, Statthalter Katars, ist Präsident von PSG, Mitglied im Exekutivkomitee von Europas Fußballunion Uefa und Vorsitzender der Klubvereinigung. Die Saudis wiederum gingen noch einen Schritt weiter – sie kauften sich praktisch in mehrere Sportinstitutionen ein. In der Fifa üben sie als Geldgeber und Gastgeber der WM 2034 subtilen Einfluss aus.
All das hat zu einem spürbaren Bedeutungsverlust der City Group geführt. Entsprechend unmissverständlich fiel die Ansage von Mansours Landsmann und City-Chairman Khaldoon Al Mubarak vor dem Turnier aus: Man müsse alles daransetzen, den Wettbewerb zu gewinnen. Und diese Ankündigung war nicht bloß metaphorisch gemeint. In der kurzfristig eingerichteten zehntägigen Transferperiode im Juni investierte der Verein spektakuläre 130 Millionen Euro in drei Zugänge – nahezu ein Drittel der insgesamt etwa 415 Millionen, die alle Teilnehmer zusammen in diesem Zeitraum ausgaben. Für das Mittelfeld kamen Tijjani Reijnders vom AC Mailand und Rayan Cherki von Olympique Lyon, dazu Linksverteidiger Rayan Aït-Nouri von den Wolverhampton Wanderers. Schon im Januar hatte City ungefähr eine Viertelmilliarde für fünf Zugänge ausgegeben, darunter Eintracht Frankfurts Omar Marmoush. Nur der FC Chelsea hatte im Winter-Wechselfenster vor zwei Jahren mal mehr Geld aufgewendet.
Mehrere prominente Spieler sollen gehen
Um den angestrebten Generationswechsel zu ermöglichen, muss sich der Klub zugleich von einigen Spielern trennen. Ein prominenter Abgang steht schon fest: Kevin De Bruyne, dessen Vertrag nicht verlängert wurde, wechselt ablösefrei zur SSC Neapel. Auch Jack Grealish – mit 120 Millionen Euro der teuerste Einkauf der Klubgeschichte – und Ex-Kapitän Kyle Walker, die beide nicht im Kader für die Klub-WM stehen, sollen sich nach neuen Vereinen umsehen. Trotzdem ist der Kader weiterhin überbesetzt.
Manchester City gegen Al-Hilal wird zum Prestigespiel
Auch al-Hilal hat vor dem Turnier nochmals nachgerüstet. Die Saudis verpflichteten Trainer Simone Inzaghi von Inter Mailand, der soeben das Finale in der Champions League erreicht hatte (0:5 gegen Paris). Inzaghi soll das Potenzial des für eine halbe Milliarde Euro Ablöse in den vergangenen zwei Jahren zusammengekauften Kaders ausschöpfen. Die Investitionen zielten auch darauf ab, sich für den Kontinentalvergleich wettbewerbsfähig zu machen, für den man sich bereits 2021 qualifiziert hatte. Dass der vor wenigen Jahren noch undenkbare Showdown zwischen City und al-Hilal ausgerechnet in Orlando stattfindet, ist eine köstliche Pointe für Traditionalisten: Die Metropole, Heimat der Disney-Parks, wirkt wie eine „Fake City“, eine Stadt aus Plastik.
Sollte Manchester City die Klub-WM tatsächlich gewinnen, bliebe der Mannschaft nach dem Finale nur ein Monat Zeit zur Regeneration und Vorbereitung auf die nächste Premier-League-Saison. Doch von einer Pause will Pep Guardiola derzeit ohnehin nichts wissen.
Ein Finale wie ein Broadway-Spaziergang
Der FC Chelsea gewinnt durch ein 3:0-Favoritensturz gegen Paris Saint-Germain die reformierte Klub-WM. Beide Mannschaften liefern sich einen unverwechselbaren Schlagabtausch, spielerisch und später handgreiflich. Dabei kommt es zum Eklat um Trainer Luis Enrique.
