Saudi-Arabien bei der Klub-WM
Geldgeber und Viertelfinalist
11. Juli 2025, 20:13 Uhr

„Soft Power in Reinform“: Der saudische Staatsfonds (PIF) sponsort nicht nur die Klub-WM, sondern ist auch Besitzer von Al-Hilal. So gerät der spektakuläre Sieg des Klubs gegen Manchester City im Achtelfinale zu einer saudischen Dauerwerbesendung.
Mit seinem Torjubel lieferte Marcos Leonardo das sinnbildliche Motiv für einen der wohl prestigeträchtigsten Erfolge in der Fussballgeschichte Saudiarabiens. Nach seinem Siegtreffer in der Verlängerung für Al-Hilal aus Riad, einem saudischen Spitzenklub im Besitz des staatlichen Investitionsfonds des Landes, zog der Angreifer sein Trikot aus, hängte es über die Eckfahne und hob diese triumphierend empor. Die Geste wirkte, als wolle Leonardo demonstrieren, dass sein Verein – und damit Saudiarabien – nach dem 4:3 (2:2; 0:1) gegen Manchester City im Achtelfinal der Klub-WM im erweiterten Kreis der Fussballelite angekommen ist. Das Match glich über 120 Minuten hinweg einer Dauerwerbesendung für das autoritär geführte Königreich mit umstrittener Menschenrechtsbilanz, das mithilfe massiver Investitionen in den Fussball sein internationales Image aufpolieren und zugleich seine Wirtschaft diversifizieren will. Kritiker brandmarken diese Strategie als «Sportswashing».
Während des Spiels läuft im Splitscreen Werbung aus Saudi-Arabien
Der PR-Effekt für Saudiarabien speiste sich einerseits aus den Botschaften, die der weltweit übertragende Streamingdienst Dazn während des Matches über Bandenwerbung und Werbespots zeigte. In parallel zum Match eingeblendeten Clips präsentierte das Land touristische Reiseziele – jeweils sprachlich auf die Zielgruppe zugeschnitten. Andererseits resultierte dieser Eindruck aus der durchaus respektablen Mannschaftsleistung von Al-Hilal, das von eklatanten Fehlern in der weit aufgerückten Abwehrreihe der Engländer sowie deren Schwäche bei Standards profitierte. Zunächst glich Doppeltorschütze Leonardo mit seinem ersten Tor (46.) den Rückstand von Citys Bernardo Silva (9. Minute) aus, ehe Malcom (52.), Kalidou Koulibaly und erneut Leonardo (112.) für Al-Hilals Führungen sorgten. Der Favorit aus Manchester konnte durch Erling Haaland (54.) und Phil Foden (104.) lediglich zweimal antworten.
„Soft Power in Reinform“: So lautet die Kritik am Vorgehen der Saudis
Möglich wurde all dies durch den eine Billion schweren Public Investment Fund (PIF) der Saudis, die deshalb als Königsmacher des vom Weltfussballverband Fifa ausgerichteten Turniers gelten. Ohne saudische Hilfsfinanzierungen wäre der Prestigewettbewerb von Fifa-Präsident Gianni Infantino wohl so schnell verweht worden wie eine Sanddüne im Wüstensturm. Der PIF sicherte sich über ein Tochterunternehmen eine Beteiligung an Dazn, das mutmasslich dadurch in der Lage war, die weltweiten Übertragungsrechte für eine Milliarde Dollar zu erwerben und das Turnier kostenlos auszustrahlen. Einen Zusammenhang zwischen diesen Transaktionen bestreitet Dazn. Zudem zählt das staatliche saudische Erdöl- und Erdgasunternehmen Aramco seit einem Jahr zum Sponsorenportfolio der Fifa.
Kurz vor Beginn des Turniers schloss auch der PIF selbst eine Partnerschaft mit dem Verband ab. Seitdem ist dessen Logo regelmässig auf den Banden in den Stadien zu sehen – wie beim Duell mit Manchester City. Ziel ist dabei weniger klassische Werbung als vielmehr subtile Präsenz. Der sportpolitische Newsletter «Original Football» kritisiert, Saudiarabien versuche so zu beeinflussen, wie Fussball «verbreitet, gesehen und vermarktet» werde. Dies sei «Soft Power in Reinform». Tatsächlich ist die Klub-WM inzwischen so eng mit den Saudis verflochten, dass erhebliche Interessenkonflikte entstehen: Der PIF ist Rechteinhaber, Sponsor – und nun auch Viertelfinalist. Die für Al-Hilal vorgesehene Prämie von 34,175 Millionen US Dollar kann sich der PIF gewissermassen selbst auszahlen.
Um Al-Hilal konkurrenzfähig zu machen, investierte der PIF schwindelerregende Summen
Um Al-Hilal international konkurrenzfähig zu machen, führten die Saudis den Klub vor zwei Jahren aus öffentlicher Verwaltung in den PIF über und statteten ihn seither mit schwindelerregenden Summen aus. Allein für Spielertransfers wurden bislang rund eine halbe Milliarde Euro investiert – etwa derselbe Betrag kommt noch einmal für Gehälter, Bonuszahlungen und Beraterhonorare hinzu. Damit stellten die Saudis eine Mannschaft zusammen, die zahlreiche prominente Akteure aus europäischen Topligen umfasst. Zur optimalen Ausschöpfung dieses Potenzials verpflichtete der Klub vor Turnierbeginn eigens Simone Inzaghi als Trainer – jenen Coach, der gerade erst mit Inter Mailand den Champions-League-Final (0:5 gegen Paris St.-Germain) erreicht hatte. Inzaghis Anteil am Erfolg ist beachtlich: Er stellte sein Team taktisch klug ein. Zudem profitierte Al-Hilal davon, die vorherrschenden schwülheissen Bedingungen in den USA bereits aus der Heimat zu kennen. Das Team spielte kraftsparend und sehr effizient.
Vom Einzug in den Viertelfinal verspricht sich das in Fussballkreisen bislang wenig geschätzte Saudiarabien, künftig als ebenbürtiger Akteur im globalen Spitzenfussball wahrgenommen zu werden. In der nächsten Runde trifft Al-Hilal auf den brasilianischen Überraschungsklub Fluminense aus Rio de Janeiro. Für Saudi-Arabien bedeutet das wohl mindestens weitere 90 Minuten Werbefernsehen.


