FC Liverpool holt den League Cup

Jürgen Klopp jubelt so ausgelassen wie nie

25. Feb 2024, 23:20 Uhr

Jürgen Klopp gewinnt seinen achten Titel als Trainer des FC Liverpool. Aber keiner seiner vorherigen Erfolge schien ihm so viel zu bedeuten wie der zweite League-Cup-Sieg nach 2022. (Foto: Shaun Brooks)
Jürgen Klopp gewinnt seinen achten Titel als Trainer des FC Liverpool. Aber keiner seiner vorherigen Erfolge schien ihm so viel zu bedeuten wie der zweite League-Cup-Sieg nach 2022. (Foto: Shaun Brooks)

Dank einer herausragenden Willensleistung gewinnt der FC Liverpool mit 1:0 gegen den FC Chelsea den League Cup. Damit hat Jürgen Klopp auf seiner Abschiedstour einen Titel sicher – aber die Verletzungssorgen werden immer größer.

Sven Haist, London

So wie im League-Cup-Finale am Sonntagabend hat Jürgen Klopp als Trainer des FC Liverpool wahrscheinlich noch nie gejubelt. Nach dem Siegtreffer zum 1:0 durch Kapitän Virgil van Dijk in der 118. Spielminute riss er die Arme nach oben und fiel reihenweise seinen Assistenten und Betreuern um den Hals. Obwohl Klopp in seiner Karriere alle bedeutenden Vereinstrophäen im Weltfußball gewonnen hat, dürfte ihm dieser zweite Triumph im League Cup besonders viel bedeuten. Denn in keinem der vorherigen Endspiele hatte seine Mannschaft eine solch herausragende Willensleistung abgeliefert wie gegen den FC Chelsea im Wembley-Stadion.

Klopp war vor Freude kaum einzukriegen. Er rannte in die Fankurve, warf seine Fäuste durch die Luft. Und diesmal dürfte sich über seinen Jubel auch niemand echauffieren, anders als noch vor ein paar Tagen, als Klopp nach dem Ligasieg gegen Luton seine Fäuste nicht nur vor der Stammtribüne The Kop in die Luft schwang, sondern vor allen vier Tribünenseiten in Anfield. Vom Radiosender Talksport wurde er unverblümt darauf hingewiesen, es habe sich doch nur um Luton gehandelt. Der Konter des Trainers war ähnlich direkt: Ihn könnte es nicht weniger kümmern, was sie von ihm hielten.

Chelsea verliert das sechste nationale Cup-Finale in Folge

Klopp hatte den Erfolg als Einstimmung aufs League-Cup-Finale gesehen, einem für Liverpool saisondefinierenden Spiel. Denn durch den ersten Titel in dieser Spielzeit hat sich der Druck von der Mannschaft gelöst. Nun ist garantiert, dass Klopp mit den Spielern bei seiner Abschiedsfeier am Saisonende nicht nur mit Pints in den Händen dastehen wird – sondern auch mit einem Pokal.

Seit seiner Rückzugsankündigung vor einem Monat steht Klopp im Mittelpunkt des Inselfußballs wie kein anderer. Bei jedem Spiel werden Analogien zwischen Klopp und den Gegnern gezogen. Und besonders im Duell mit Chelsea – jenem Dauerrivalen, den Klopp unter dem damaligen Trainer Thomas Tuchel vor zwei Jahren gleich zweimal im Endspiel im Elfmeterschießen besiegte: im League Cup und im FA Cup. Dieser Melancholie beugt am besten die tägliche Arbeit vor – und davon hat Klopp momentan genug. Insgesamt zwölf Spieler fehlten Liverpool im Finale, darunter Torwart Alisson Becker und die Offensivkräfte Mohamed Salah und Dominik Szoboszlai. Und in der 23. Spielminute musste zusätzlich Mittelfeldspieler Ryan Gravenberch verletzt ausgewechselt werden.

Liverpool hatte zwölf verletzte Spieler – und nun kommt mindestens Gravenberch dazu

Chelseas Moises Caicedo hatte ihn brutal am Sprunggelenk erwischt. Trotzdem entschied der überfordert wirkende Referee Chris Kavanagh nicht mal auf Foul, auch der Videoschiedsrichter John Brooks prüfte die Szene nicht – was die miserable Verfassung des englischen Schiedsrichterwesens in einer bedeutenden Szene treffend zusammenfasste. Minutenlang schäumte Klopp vor Wut. Mit Kavanagh und Brooks war der Deutsche in der Vergangenheit mehrmals aneinander geraten.

Bis zu Gravenberchs Verletzung hatte Liverpool das Geschehen dominiert. Klopps Strategie war es, den Gegner zu Beginn zu überrumpeln. Im Wissen, dass die Kräfte seines ersatzgeschwächten Teams mit zunehmender Spieldauer schwinden würden, was ab Mitte der zweiten Halbzeit auch eintraf. Doch die erhoffte frühe Führung blieb aus, Liverpool konnte ebenso wie Chelsea hochkarätige Tormöglichkeiten nicht nutzen. Die Nervosität erinnerte an die vergangenen zwei Finalduelle der Teams.

Wie vor zwei Jahren wird erneut Ersatztorwart Kelleher zum Matchwinner

Ein Auszug der vielen Chancen: Liverpools Torwart Caoimhín Kelleher rettete spektakulär gegen Chelseas Cole Palmer (21.), Mitspieler Axel Disasi schoss sich auf der Torlinie selbst an (70.). Conor Gallagher traf nur den Pfosten (76.) sowie kurz darauf freistehend erneut Kelleher. Und in der Nachspielzeit scheiterten in einer Multi-Chance gleich mehrere Chelsea-Profis aus kurzer Distanz am überragenden Kelleher. Liverpools 25-jähriger Torwart avancierte wie schon im League-Cup-Finale 2022 zum Matchwinner für seine Mannschaft. Damals verwandelte er den entscheidenden Elfmeter.

Jürgen Klopp sieht den Gewinn des League Cup als den “speziellesten Erfolg” seiner Karriere an.

Auf der Gegenseite köpfelte Liverpools Cody Gakpo den Ball an den Pfosten (41.). Und als Virgil van Dijk in der 65. Minute nach einem Freistoß die vermeintliche Führung für Liverpool erzielte, nahm Schiedsrichter Kavanagh nach dem Videostudium das Tor zurück. Liverpools Endo blockte aus dem Abseits kommend seinen Gegenspieler Levi Colwill weg. Doch zum Zeitpunkt des Körperkontakts war überaus fraglich, ob Colwill den gestarteten van Dijk überhaupt hätte einholen können. Klopp schimpfte diesmal nicht mehr, er schüttelte nur sarkastisch den Kopf.

Um die körperliche Verausgabung seiner Mannschaft zu reduzieren, schöpfte er in der Schlussphase sein Wechselkontingent aus. Er brachte mehrere unerprobte Talente, zum Beispiel Jayden Danns als Mittelstürmer, der erst soeben sein Profidebüt absolviert hatte. Die Youngster ließen Liverpool in der Verlängerung nicht hängen, hielten nach Kräften dagegen – und retteten letztlich den Siegtreffer des Routiniers van Dijk über die Zeit.

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