Oliver Glasner bei Crystal Palace
Kurz vor Wembley
31. März 2025, 12:54 Uhr

Nur ein Sieg bis Wembley: Unter Oliver Glasner hat sich Crystal Palace zu einer der formstärksten Klubs in England entwickelt und könnte ins FA-Cup-Halbfinale einziehen. Allerdings haben die Erfolge das Interesse anderer Vereine geweckt – und Sportdirektor Dougie Freedmann verlässt früher als erwartet den Klub.
Zwei Mal ist Oliver Glasner bisher im Wembley-Stadion gewesen, dem Heiligtum des englischen Fußballs. Kurz nach seiner Vertragsunterschrift als Trainer bei Crystal Palace vor einem Jahr besuchte er ein Testspiel der Engländer, und nun nutzte der 50-Jährige am vergangenen Montag erneut die spielfreie Zeit seines Klubs, um sich als Zuschauer in Wembley das WM-Qualifikationsspiel der Engländer gegen Lettland anzusehen. Seine Anwesenheit wirkte, als wollte sich der Salzburger auf das historische Stadion einstimmen, in dem er bald erstmals selbst an der Seitenlinie stehen könnte. Denn die Eagles sind nur noch einen Sieg vom Auftritt in Wembley entfernt.
Glasner und viele Palace-Spieler sind noch nie im Wembley aufgelaufen
Durch drei Pflichtsiege gegen unterklassige Vereine hat sich Crystal Palace ins FA-Cup-Viertelfinale gespielt, dem ältesten Fußball-Pokalwettbewerb der Welt. Dabei gastiert der Londoner Vorstadtklub am Samstag (13.15 Uhr) beim Nachbarn FC Fulham. Ab der nächsten Runde finden dann alle restlichen Matches traditionsgemäß am neutralen Schauplatz Wembley statt. Aufgrund der bereits ausgeschiedenen Favoriten im FA-Cup besteht für Palace bei einem Weiterkommen eine realistische Chance auf den ersten Titelgewinn in der eigenen Klubhistorie. Das bisher einzige Finale verloren die Eagles (Adler) im selben Wettbewerb vor neun Jahren gegen Manchester United in der Verlängerung.
Schon im Ligapokal, in dem sich alle Vereine aus den vier englischen Profiligen messen, erreichte Palace in dieser Saison ebenfalls das Viertelfinale. Damals unterlag man dem FC Arsenal. Die Erfolge in den nationalen Cups betonen die formidable Entwicklung des Klubs unter Glasner. Neun Spieltage vor Saisonende steht man so aussichtsreich dar wie nie zuvor. Nur zehn Punkte fehlen zur Einstellung des Saisonrekords aus der vergangenen Spielzeit in der Premier League. In diesem Jahr hat Palace hinter dem Tabellenführer FC Liverpool die zweitbeste Bilanz. Die Punktausbeute nach dem dürftigen Saisonstart, als man transfer- und verletzungsbedingt nur drei Remis in den ersten acht Spielen holte, ist sogar so gut, dass man sich seitdem auf Champions-League-Kurs befinden würde.
Zuletzt gab es nur 22 Gegentore in 20 Ligaspielen
Der Grund dafür ist die Spielsystematik des Trainers mit einer Dreierkette in der Abwehr, in der viele Spieler ihre Stärken zur Geltung bringen können. Palace gehört zu den eingespielten, physischen und defensiv kompaktesten Teams der Liga, zuletzt gab es nur 22 Gegentore in 20 Spielen. Selbst der Rückwechsel des Verteidigers Trevoh Chalobah, der bis dahin vom FC Chelsea ausgeliehen war, konnte man auffangen. Die Stabilität verhilft Palace dazu, nicht viele eigene Tore zu benötigen, um zum Erfolg kommen zu können. Und ein paar gute Chancen erspielt sich das Team eigentlich in jeder Partie. Der Fokus liegt auf den beiden Außenbahnen. Vor allem das Duo Daniel Muñoz und Ismaïla Sarr auf der rechten Seite gehört zu den offensivstärksten der Liga, zusammengerechnet kommen sie auf 17 Torbeteiligungen. Sarrs Laufwege in die Tiefe ergänzen sich mit dem auf links agierenden dribbelstarken Eberechi Eze. In der Angriffsmitte waltet der robuste Jean-Philippe Mateta (12 Ligatore). Der frühere Mainzer wurde vor einem Monat mit einem brutalen Kung-Fu ähnlichen Fußtritt am Kopf niedergestreckt, befindet sich nun aber glücklicherweise schon wieder vor der Rückkehr in den Spieltagskader.
Freedman gehört zum Kompetenztrio des Klubs
Allerdings haben sich die Leistungen bei finanziell stärkeren Klubs herumgesprochen. Im Winter unterbreitete Newcastle United ein Megaangebot für den Abwehrchef Marc Guéhi, das Palace aber selbstbewusst ablehnte. Es war ein Ausdruck der neuen eigenen Ambitionen. Solche Abwerbeversuche werden jedoch sicher weiter folgen, der Vertrag von Guéhi, 24, läuft im Juni 2026 aus. Auch die noch länger gebundenen Muñoz, 28, Eze, 26, und der zentrale Ballverteiler Adam Wharton, 21, sind ins Blickfeld der Konkurrenz gerückt. Ein schwerer Verlust steht bereits fest: der kürzlich bestätigte Abgang des langjährigen Sportdirektors Dougie Freedman. Dem Vernehmen nach zieht es den 50-Jährigen beruflich nach Saudi-Arabien, er möchte dort kürzer treten und mehr Zeit mit der Familie verbringen.
Freedman gehörte zusammen mit Glasner und dem Klubchef Steve Parish zum Kompetenztrios des Vereins. An der Nachbesetzung dieses Postens sowie dem Verbleib der eigenen Schlüsselspieler dürfte sich auch Glasners Zukunft entscheiden. Der Trainer hat bei Palace über die Saison hinaus noch ein Jahr Vertrag, der Klub scheint sich momentan intensiv um eine Verlängerung des Kontrakts zu bemühen. Als bisher erfolgreichster Palace-Coach mit einer Liga-Siegquote von fast 50 Prozent besitzt der 50-Jährige fast alle Optionen. Auch Spitzenvereine in Deutschland und England sind an ihm interessiert. Derzeit liegt Glasners Fokus aber allein auf dem Abschneiden mit Crystal Palace in dieser Saison. Sein erklärtes Ziel ist, es mit seiner Mannschaft ins Wembley zu schaffen.
