FC Arsenal in der Premier League
Milliarden gegen den Meisterfluch
31. Okt. 2025, 18:03 Uhr

Der FC Arsenal übernimmt die Tabellenführung der Premier League. Um nach 26 Jahren endlich wieder Meister zu werden, hat der Klub seinen Kader luxuriös verstärkt. Im Mittelpunkt steht Nauzugang Eberechi Eze, der bereits in der Jugend für die Gunners spielte.
Das Tor war fast identisch mit jenem, das Eberechi Eze vor einem halben Jahr erzielt hatte. Damals traf der Spielmacher ebenfalls im Premier-League-Duell zwischen dem FC Arsenal und Crystal Palace, infolge einer einstudierten Eckenvariante versenkte er den Ball volley von der Strafraumgrenze. Diesmal ging seinem Treffer ein Freistoß voraus: Nach einer Kopfballablage nahm Eze den Ball per Dropkick auf Höhe des Elfmeterpunkts und wuchtete ihn ins Netz. Die Aktion war nicht minder spektakulär, weil Eze dafür sein rechtes Bein wie ein Karatekämpfer auf Hüfthöhe riss, um den Ball noch vor seinem Gegenspieler zu erwischen.
Der einzige Unterschied: Im April traf er für Crystal Palace – und am Sonntagnachmittag nun für den FC Arsenal.
Mit seinem Siegtor zum 1:0 in der 39. Minute entschied Eze das Match der beiden Londoner Vereine. Den Gästen von Trainer Oliver Glasner fehlte jener inspirierende Moment, den sich Arsenal im Sommer für 69 Millionen Euro eingekauft hatte. So hoch war die Ablösesumme, mit der der englische Nationalspieler kurz nach Saisonbeginn aus seinem noch zwei Jahre gültigen Vertrag bei Palace herausgelöst wurde. Eze stehe „zu hundert Prozent für magische Momente“, lobte Arsenals Trainer Mikel Arteta. Es sei „einfach außergewöhnlich“ gewesen, wie dieser den Ball getroffen habe. Eze habe ja bereits gezeigt, was er zu leisten imstande ist: Arteta meinte selbstverständlich dessen Tor aus der Vorsaison, das dazu beigetragen hatte, dass die Gunners seinerzeit nicht über ein Remis gegen Palace hinauskamen. Es eröffnete dem FC Liverpool eine Woche später den Weg zur Meisterschaft.
Seit seiner Übernahme im Dezember 2019 strebt Arteta in seiner sechsten vollen Spielzeit bei Arsenal erneut den Gewinn der Premier League an. Auf keinen Erfolg arbeitet der Verein intensiver hin – gerade weil sich der historische Triumph der „Invincibles“ von Arsène Wenger aus dem Jahr 2004 beinahe zu einem Fluch ausgeweitet hat. Fortan kam Arsenal zwar mehrmals in Reichweite der Meisterschaft, verfehlte das Ziel jedoch stets zuverlässig. Besonders knapp war es unter Arteta in den beiden Vorjahren, als sein Team jeweils Zweiter wurde. Bei der jüngsten Saisonabschlussfeier hielt der Baske eine feurige Jetzt-erst-recht-Rede. Er schwor den gesamten Klub auf diese Saison ein. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an seine Spieler, die in den ersten Partien noch gehemmt wirkten.
Doch die aktuelle Niederlagenserie des FC Liverpool scheint die Gunners zu beflügeln. Seit der Pleite beim direkten Rivalen Ende August ist Arsenal ungeschlagen – und übernahm zu Monatsbeginn die Tabellenführung. Durch die Patzer der Konkurrenz an diesem Wochenende baute Artetas Team den Vorsprung auf vier Punkte aus, vor dem neuen Überraschungszweiten AFC Bournemouth. Seine Elf bewies eindrucksvoll, mit Druck umgehen zu können. Deshalb ordne er den Erfolg gegen Palace höher ein als alle bisherigen Siege, betonte der Trainer.
Für das erklärte Ziel kaufte Arsenal, das dem US-amerikanischen Immobilien- und mittlerweile auch Sportmogul Stan Kroenke gehört, so kräftig ein wie nie zuvor. Der Verein investierte 300 Millionen Euro für neue Spieler – erneut nahezu ohne Gegeneinnahmen. Damit stiegen die Transferausgaben unter Arteta auf mehr als eine Milliarde Euro; der Saldo liegt im tiefroten Bereich bei knapp 900 Millionen. Diese Finanzkraft beruht auf der Monetarisierung des konstanten Erfolgs. Arsenal erlöst mehr Geld aus dem Ticketing als jeder andere Klub in England und hat auch kommerziell deutlich aufgeholt. Ein wesentlicher Faktor ist zudem, dass Kroenke die Restschulden für das einst 2006 eröffnete, hochmoderne Stadion vor einigen Jahren umschichtete. Statt weiterhin stattliche zweistellige Millionenzinsen an externe Geldgeber zu zahlen, schuldet Arsenal jetzt seinem Besitzer insgesamt 375 Millionen Euro – zu erträglichen Konditionen.
Den gewonnenen Spielraum nutzte der Verein, um Arteta einen luxuriösen Kader hinzustellen, der in der Breite wohl seinesgleichen sucht. Während Konkurrenten wie Liverpool womöglich über mehr ausgewiesene Weltklassespieler verfügen, ist kein Team auf allen Positionen so tief besetzt wie Arsenal. Der Fokus auf mannschaftliche Geschlossenheit zeigt sich in zwei Bereichen: Abwehrarbeit und Standards. Mit nur drei Gegentreffern in neun Partien stellt Arsenal die beste Defensive der Premier League; in den vergangenen fünf Pflichtspielen behielt das Team sogar eine weiße Weste. Und vorn entscheiden die über Jahre verfeinerten Ecken und Freistöße häufig enge Begegnungen: Elf der 15 Ligatore resultieren aus Standards – stolze 73,3 Prozent.
Um davon künftig weniger abhängig zu sein, holte Arsenal mit Viktor Gyökeres einen international geprüften Torjäger – und mit Eze einen klassischen Unterschiedsspieler. Der 27-Jährige kickte schon als Kind in der Jugendakademie des Vereins, ehe er tränenreich hinauskomplimentiert wurde. „Der FC Arsenal ist alles für mich“, sagte Eze nach seiner Verpflichtung. Nun hat er erstmals in der Premier League für die Gunners getroffen.
Mit der Trikotnummer von Thierry Henry
Seit über zwei Jahrzehnten wartet der FC Arsenal auf die Meisterschaft, und ein echter Torjäger fehlte dem Team ebenfalls schon lange. Mit der Verpflichtung von Viktor Gyökeres hoffen die Fans nun, dass der Ex-St.-Pauli-Stürmer beide Bedürfnisse behebt.
