FC Liverpool bezwingt Aston Villa
Rückkehr zu den Routinen
02. Nov. 2025, 17:02 Uhr

Arne Slot verzichtet im Schlüsselspiel gegen Aston Villa auf taktische und personelle Experimente in der Startelf – und gewinnt. Während Mohamed Salah sein 250. Tor für die Reds erzielt, findet sich für Florian Wirtz kein natürlicher Platz im Team.
Wahrscheinlich hat Arne Slot seinen eigenen Namen noch nie so gerne gehört wie am Samstagabend. Die Fans des FC Liverpool unterstützten ihren Trainer während der ersten Halbzeit des Premier-League-Heimspiels gegen Aston Villa mit lauten Sprechchören. „Arne Slot, na, na, na, na, na“, hallte es durch Anfield – obwohl seine Mannschaft vier Ligaspiele in Serie verloren hatte und am Mittwoch mit einer Reservistenelf im League Cup gegen Crystal Palace eine deftige Niederlage hinnehmen musste.
Die Geste habe ihm „sehr viel“ bedeutet, sagte Slot später, weil sie sich in „einer schwierigen Situation“ ereignet habe. Die Anhängerschaft vergesse nicht, dass „man Teil von etwas Speziellem“ gewesen sei; das mache den Klub aus, betonte er. Nach der Meisterschaft in der Vorsaison war Slot zuletzt in die Kritik geraten. Es war ihm nicht gelungen, nach dem kostspieligen Umbruch im Sommer die zahlreichen prominenten Zugänge sinnvoll zu integrieren. Stattdessen verlor das Team durch zahlreiche Experimente an Stabilität. Daher setzte der Niederländer im Schlüsselspiel gegen Aston Villa wieder auf die bewährte Vorjahresformation – und gewann.
Mit dem 2:0 (1:0) stoppte Liverpool die Ergebniskrise und verbesserte sich in der Tabelle auf die Champions-League-Ränge. Der Abstand auf Spitzenreiter Arsenal, der beim Aufsteiger in Burnley siegte, blieb allerdings unverändert – er beträgt nach wie vor sieben Punkte. Im Duell mit den formstarken Villans waren die Hausherren keinesfalls die bessere, wohl aber die glücklichere Mannschaft. Beim Spielstand von 0:0 trafen die Gäste Pfosten und Latte, ehe Mohamed Salah einen kapitalen Fehlpass von Torwart Emiliano Martínez im eigenen Strafraum reaktionsschnell zur Führung nutzte (45.+1 Minute). Ryan Gravenberch erhöhte mit einem stark abgefälschten Schuss (58.).
Für den Ägypter Salah war es der 250. Treffer im Liverpool-Shirt – nur Roger Hunt und Ian Rush erzielten einst mehr Tore für den Traditionsklub vom River Mersey. Die Bilanz sei „fast nicht zu glauben“, gratulierte Slot seinem Torjäger zu dieser bedeutenden Marke. Nach dem Abpfiff warteten am Spielfeldrand die LFC-Legenden Steven Gerrard und Steve McManaman, die als Experten vor Ort arbeiteten, auf Salah und umarmten ihn. Er sei sehr stolz auf all die Tore und halte sie nicht für selbstverständlich, sagte Salah.
Liverpools Spieler profitierten am Samstag sichtbar von der Rückkehr zu vertrauten Abläufen. Mit Mittelstürmer Hugo Ekitiké stand nur einer der sechs Zugänge in der Startelf. Auch wechselte Slot – anders als sonst – nur einmal im Spiel aus: In der Schlussphase ersetzte Florian Wirtz positionsgetreu Ekitiké. Dagegen hatte er zuvor fast immer sein gesamtes Wechselkontingent ausgeschöpft. Das Vorgehen wirkte nun wie ein Eingeständnis, dass die jüngsten personellen und taktischen Änderungen maßgeblich zu den sportlichen Problemen beigetragen hatten. Erstmals seit anderthalb Monaten musste Liverpool keinen Gegentreffer hinnehmen.
Die Times titelte treffend: „Chaos raus, Autorität rein – das war eine Rückkehr zum alten Liverpool.“ Der LFC legte den Schwerpunkt auf die Defensive, das war deutlich an der Positionierung der Spieler zu erkennen. Zum einen ließ sich Liverpool häufiger kompakt in die eigene Hälfte zurückfallen, zum anderen blieben die Außenverteidiger im Spielaufbau konsequent hinten, um keine Räume für Konter zu öffnen. Stellvertretend dafür stand Linksverteidiger Andrew Robertson, der bisher kaum berücksichtigt worden war. Er erhielt den Vorzug vor seinem jüngeren, bisher kaum überzeugenden Nachfolger Milos Kerkez. Die Erfahrung des schottischen Nationalspielers verringerte die Anfälligkeit der Abwehr und entlastete zugleich seinen zuletzt ungewohnt fehlerhaften Nebenmann Virgil van Dijk.
Nach der Schlappe in Brentford hatte Robertson scharf kritisiert, man befinde sich „komplett auf dem Holzweg“. Neben seiner Nominierung zahlte sich aus, dass Slot auch den laufstarken Mittelfeldspieler Dominik Szoboszlai wieder in der Spielmacherrolle aufbot. Dadurch konnte dieser das Pressing der Mannschaft besser koordinieren (was indirekt auch den Fehler von Martínez provozierte). Die Abstimmung im Mittelfelddreieck mit Gravenberch, Szoboszlai und Alexis Mac Allister ist ein Grund, warum sich Wirtz weiter nur mühsam einfindet. Für ihn gibt es keinen natürlichen Platz in der eingespielten Startelf aus der Vorsaison.
Die befreiende Wirkung des Erfolgs deutete sich in den Schlussminuten an. Am Seitenrand zog Szoboszlai schlitzohrig den Ball mit der rechten Sohle vom gegnerischen Trainer Unai Emery weg, der ihn mit den Händen für eine schnelle Spielfortsetzung aufnehmen wollte. Dieses Selbstvertrauen wird der FC Liverpool in den wichtigen Spielen dieser Woche benötigen, am Dienstag gegen Real Madrid in der Champions League und am Sonntag gegen Manchester City. Nach dem Villa-Match lief Arne Slot zu den Fans, bedankte sich – und zeigte mit dem Daumen nach oben.
Von den Bienen gestochen
Der FC Liverpool verliert erstmals seit Jahren vier Ligaspiele in Serie. Auch gegen den FC Brentford überrascht Arne Slot mit der Wahl seiner Startelf. Der Trainer scheint zu viele Kompromisse einzugehen.
