Merseyside-Derby
Traumabewältigung
03. Apr. 2025, 12:11 Uhr

Auf dem Weg zur historischen 20. Meisterschaft räumt der FC Liverpool auch den Stadtnachbarn FC Everton aus dem Weg und besiegt damit ein altes Trauma. Es fehlen nur noch vier Siege bis zum Titel. Für den größten Schreck sorgt ein brutales Foul.
Nachdem Steven Gerrard alle Fotowünsche an der Anfield Road erfüllt hatte, machte die Spielerikone des FC Liverpool selbst noch ein Bild – mit Mohamed Salah. Auf dem Stadion-Parkplatz lief Gerrard, der seine Reds als Kapitän zum berühmten Champions-League-Titel 2005 (Sieg im Elfmeterschießen nach 0:3-Rückstand) geführt hatte, dem Weltklassetorjäger des aktuellen Teams über den Weg. Dabei legte der frühere Mittelfeldspieler seinen Arm um die Schultern von Salah und streckte den Daumen nach oben.
Die Aufnahme wirkte wie ein Erinnerungsfoto an den vorausgegangenen Liverpooler Sieg gegen den Stadtnachbarn FC Everton im 246. Merseyside-Derby. Denn das glanzlose 1:0 (0:0), erzielt von Stürmer Diogo Jota in Minute 57, dürfte ein altes Trauma des Ex-Fußballers Gerrard und seines Herzensklubs überwunden haben. Dank des Erfolgs führt der FC Liverpool weiter die Tabelle der Premier League acht Spieltage vor Saisonende mit zwölf Punkten Vorsprung vor dem zweitplatzierten FC Arsenal an. Es würden also bereits vier Siege und ein Remis reichen, um den historischen insgesamt 20. Ligatitel zu gewinnen – und mit dem alleinigen Rekordmeister Manchester United gleichzuziehen. Man sei in einer „sehr guten Position“, sagte dazu der stets zurückhaltende LFC-Trainer Arne Slot.
Der FC Liverpool kann bereits an Ostern Meister werden
Beim Ziel Meisterschaft kann nun selbst das immerzu renitente Everton nicht mehr dazwischen grätschen. Die Blues hatten zuletzt mehrere Titelanläufe der Reds bisweilen zunichtegemacht, indem man ihnen jeweils in den direkten Duellen Punkte abknöpfte. Weil das kürzlich beim nachgeholten ersten Treffen durch Evertons Last-Minute-Ausgleich (2:2) wieder der Fall war, ließ sich in Liverpool trotz des riesigen Polsters Nervosität ausmachen. Sicherheitshalber bot Slot, der den Ligatitel über alles andere stellt, in jedem Match, sogar gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten Southampton, sein stärkstes Team auf. Das führte zu einer offensichtlichen Frühjahrsmüdigkeit im März, als Liverpool in der Champions League gegen Paris ausschied und dann das League-Cup-Finale gegen Newcastle verlor.
Aber so wurde zumindest der wahrscheinliche Ligatriumph zementiert, der für Liverpool immens wichtig wäre. 30 Jahre hatte der Traditionsverein zwischenzeitlich von 1990 bis 2020 auf einen Ligatitel warten müssen. Ein Grund dafür war, dass seinerzeit Gerrard im Endspurt 2014 im eigenen Stadion ein sagenumwobener Fehler unterlief, der zur entscheidenden Pleite führte. Als es dann unter dem deutschen Trainer Jürgen Klopp mit dem ersehnten Triumph klappte, konnten pandemiebedingt keine Fans im Stadion anwesend sein. Auch deswegen fieberte Liverpools Ersatzbank gegen Everton am Mittwochabend in den Schlussminuten so dramatisch mit, als würde die Meisterschaft gerade besiegelt werden. Doch diesmal ging der größte Schrecken von einer nur mit gelb geahndeten Brutalo-Grätsche des Everton-Verteidigers James Tarkowski in der Anfangsphase aus: Er traf den Liverpooler Alexis MacAllister, der zum Glück unverletzt blieb, mit durchgestrecktem Bein fast auf Kniehöhe.
Rechtsverteidiger Alexander-Arnold steht vor einem Abschied zu Real Madrid
Angesichts der hochkomfortablen Tabellensituation kann sich Slots Mannschaft wohl bereits für das Titelfoto aufstellen und das Management den Kader für die nächste Saison planen. Der Abschied des derzeit verletzten Rechtsverteidigers Trent Alexander-Arnold zu Real Madrid steht quasi fest. Die möglichen finanziellen Einsparungen könnten immerhin helfen, um den Vertrag mit Salah zu verlängern. Der Ägypter hat 27 Tore in der Liga erzielt, zwei Drittel mehr als Luis Díaz, der nächstbeste Schütze. Der Kolumbianer kommt bloß auf einen Treffer in 19 Pflichtspielen, die Ausbeute der Angriffskollegen Darwin Núñez, Cody Gakpo und Jota in dieser Zeitspanne ist ähnlich dürftig.
Die Bedeutung von Mohamed Salah für den FC Liverpool veranschaulichte hernach ebenso das Gerrard-Foto. Dieses postete Gerrard in den sozialen Medien und schrieb dazu: „Big win!“

Der Goodison Park berührt alle
Vier Platzverweise, ein Massendisput und ein Ausgleich in der finalen Aktion: Der FC Everton und der FC Liverpool liefern ein spektakuläres Schlusskapital im letzten Merseyside-Derby im ehrwürdigen Goodison Park. Durch das 2:2 verliert Liverpool wichtige Punkte in der Meisterschaft.