Vertragsverlängerung von Pep Guardiola

Guardiolas vorgezogenes Thanksgiving

21. Nov 2024, 18:03 Uhr

Zwei Mal hat Pep Guardiola bereits seinen Vertrag bei Manchester City im November. Dies scheint nun erneut der Fall zu sein. (Foto: Nick Potts / PA Images / Imago Images)
Zwei Mal hat Pep Guardiola bereits seinen Vertrag bei Manchester City im November. Dies scheint nun erneut der Fall zu sein. (Foto: Nick Potts / PA Images / Imago Images)

Pep Guardiola bleibt trotz der aktuellen Krise wohl über das Saisonende hinaus Trainer bei Manchester City. Damit gibt er dem Klub in unsicheren Zeiten innere Stabilität. Als Vorbild könnte bei diesem Entschluss Jürgen Klopp gedient haben.

Von Sven Haist, Manchester

Der Länderspielblock im November ist für die Vereinstrainer in der Premier League die letzte Gelegenheit zur Reflektion des Spieljahres. Denn eine Winterpause sieht der englische Fußball aufgrund der berühmten Weihnachts- und Neujahrsspieltage nicht vor. Die vorgezogene Ligapause hat Pep Guardiola bisher häufig genutzt, um sich Gedanken über seine Zukunft als Trainer von Manchester City zu machen. Zwei Mal hat er in dieser Zeit seinen Vertrag bei den Citizens verlängert, im November 2020 und 2022. In beiden Fällen unterschrieb er für zwei weitere Spielzeiten, nachdem sein Kontrakt jeweils sonst zum Saisonende ausgelaufen wäre.

Auch in diesem Jahr sieht es so aus, als würde Guardiola diese Tradition fortsetzen. Wie englische Medien berichten, hat sich der Katalane dazu entschlossen, sein derzeit auf Juni 2025 fixiertes Vertragsende erneut aufzuschieben. Er soll eine neue Vereinbarung abzeichnen, die ihn dem Vernehmen nach für eine zusätzliche Saison fest plus eine weitere auf Option an den Klub bindet. Dann hätte er im Juni 2026 ein ganzes Jahrzehnt bei City verbracht, er wechselte bekannermaßen einst im Sommer 2016 vom FC Bayern nach Manchester. Eine Bestätigung der Personalie von Seiten des Klubs wird zeitnah erwartet.

Guardiola gilt als der bestbezahlte Trainer im Weltfußball

Guardiolas wahrscheinlicher Verbleib gleicht für Manchester City einem vorgezogenen Thanksgiving. Das Fest, das im Grundsatz der Dankbarkeit für den Ertrag aus der Landwirtschaft dient, findet immer am vierten Donnerstag des Monats November statt. In Guardiolas Fall wirkt es in gewisser Weise wie eine Erkenntlichkeit für die bisher uneingeschränkte Rückendeckung und die Gaben von Klubbesitzer Scheich Mansour aus Abu Dhabi. Der Katalane gilt als der höchstbezahlte Trainer des Weltfußballs, sein Lohn wird auf mindestens 20 Millionen Euro pro Saison geschätzt. Mansours finanzielle Subventionen stellen im City-Kosmos quasi Sonne und Wasser dar – damit Guardiolas Fußballsaat unter idealen Bedingungen gedeihen kann. Die Ernte beläuft sich inzwischen auf üppige 18 Titel, darunter der erste Champions-League-Sieg 2023.

Die Absichtserklärung des Trainers würde City eine Form von innerer Stabilität verleihen, die der Klub dringend benötigt. Der Serienmeister gerät nämlich gerade an mehreren Außenflanken stark unter Druck. Seit Jahren reibt sich der Verein zum einen in einem zermürbenden Streit mit der Premier League auf. Die Liga hat City wegen angeblich schweren Finanztricksereien und mangelnder Kooperation in insgesamt 130 Fällen angeklagt. Bei einer Verurteilung droht der Zwangsabstieg. In England wird deshalb hinter vorgehaltener Hand empfohlen, eine Vertragsverlängerung von Guardiola genauer zu inspizieren, um zu überprüfen, ob ein solches Arbeitspapier ligaunabhängig gelten würde – zum Beispiel für die fünfte Spielklasse, sollte das Verdikt den Verein gleich ganz aus dem englischen Profifußball katapultieren.

Citys Leistungseinbruch erinnert an Liverpools Saison 2022/23

Zum anderen befindet sich Citys Mannschaft vor dem Ligaheimspiel gegen Tottenham Hotspur am Samstag in einer Schaffenskrise. Zuletzt gingen die vergangenen vier Pflichtspiele allesamt verloren, was bis dato einer Guardiola-Elf nie widerfuhr. Das Team leidet unter dem kräftezehrenden Titel-Triple 2023. Die Nachwirkungen zeichneten sich bereits in der Vorsaison ab, als der Liga-Endspurt die Niederlagen in den nationalen Wettbewerben und der Champions League verwischten. Doch nun offenbart die Verletzungsmisere das Ausmaß der Probleme.

Die Situation erinnert an den Einbruch des Dauerrivalen FC Liverpool in der Saison 2022/23, als die Truppe von Jürgen Klopp nach vorausgegangenen Höchstleistungen plötzlich nicht mehr an das eigene Niveau herankam. Damals entschied sich Klopp, nicht spontan abzutreten, er wollte die Situation selbst meistern. Dafür leitete er einen tiefen Umbruch ein, bei dem er sich von einigen verdienstlichen Spielern trennte. Klopps Vorgehen könnte nun Guardiola bei Manchester City zum Vorbild dienen, der den Klub ebenso wenig in einer Phase des Abschwungs verlassen dürfte. Er weiß, dass sein Mitwirken bei der bevorstehenden Erneuerung des Kaders für mögliche Zugang ein Argument darstellen könnte. Zumal Citys Sportdirektor Txiki Begiristain, 60, zum Saisonende aufhören und vom genauso aufstrebenden wie noch unscheinbaren Hugo Viana, 41, von Sporting Lissabon ersetzt wird. Guardiolas Kenntnisse würden die Einarbeitung von Viana erheblich erleichtern.

In den nächsten anderthalb Jahren laufen sieben Verträge aus

Die Herausforderung für das voraussichtlich neue Gespann Guardiola/Viana wird sein, über die vielen auslaufenden Verträge der Routiniers im Team zu entscheiden. Im Juni 2025 enden die Arbeitsverhältnisse von Kevin De Bruyne und Ilkay Gündogan (dessen Kontrakt sich aber mit einer bestimmten Einsatzzahl automatisch strecken könnte), im Jahr darauf die von Kapitän Kyle Walker, Bernardo Silva, Ederson, John Stones und Stefan Ortega. Alle sind über 30 Jahre alt und haben mit Guardiola große Erfolge gefeiert. Eine würdige Lossagung und eine gelungene Neuaufstellung könnten Guardiolas Vermächtnis bei City abrunden. Sollte Pep Guardiola dies gelingen, ist davon auszugehen, dass auch er danach in Manchester aufhören wird.

Keep on reading

Am Ball bleiben