Phil Foden bei Manchester City

Scharfschütze peilt Weltklasse an

04. Mrz 2024, 17:07 Uhr

Fast so präzise wie mit einem Gewehr: die Torschüsse von Phil Foden. Hier trifft er zum 2:1 für Manchester City im Stadtduell gegen United. (Foto: Simon Stacpoole / Imago)
Fast so präzise wie mit einem Gewehr: die Torschüsse von Phil Foden. Hier trifft er zum 2:1 für Manchester City im Stadtduell gegen United. (Foto: Simon Stacpoole / Imago)

Beim 3:1 im Manchester-Derby schießt Citys Phil Foden mit zwei Traumtoren United ab. Der Offensivspieler aus der eigenen Klubakademie ist auf dem Weg zur Weltklasse – und für seinen Trainer Pep Guardiola der “Spieler der Saison”.

Von Sven Haist, Manchester

Phil Foden hat seit ein paar Wochen ein neues Jubelritual. Dabei nimmt der Offensivspieler von Manchester City die Haltung eines Gewehrschützen auf dem Platz ein. Er sitzt auf dem hinteren Fuß, stabilisiert mit der linken Hand das imaginäre Gewehr und legt die rechten Finger auf den Abzug. Die Pose ist eine Anspielung auf seinen Spitznamen innerhalb der Mannschaft: „The Sniper“, der Scharfschütze. So würde er schon immer genannt werden, gab Kapitän Kyle Walker nach dem Manchester-Derby gegen United am Sonntag preis, weil er sowohl im Training als auch im Spiel kaum eine Gelegenheit ausließe, aus der Distanz aufs Tor zu schießen. „Er liebt Torschüsse“, präzisierte der für seinen feinen Humor bekannte Verteidiger.

Als Foden nach seinem zweiten Treffer gegen das abermals chancenlose United in Stellung ging, brachte ihn Mitspieler Erling Haaland durch einen Schubser aus der Balance. Haalands Gemeinheit dürfte eine kleine Abgeltung gewesen sein für seine eigene zuvor vergebene zehntausendprozentige Torchance, bei der er einen Flankenball vor dem leeren Tor über die Latte gehoben hatte. Das Malheur hatte ihm mutmasslich den Schmäh des Vorlagengebers und Edeltechnikers Foden eingehandelt. So musste Foden also erneut ansetzen, diesmal mit deutlich mehr Abstand zu Haaland – und ballerte los.

Schon jetzt hat Foden 18 Tore erzielt – so viele wie nie in einer Saison

Durch zwei Traumtore hat Citys Foden den Stadtrivalen United quasi im Alleingang abgeschossen. Das lässt sich kaum anders benennen, weil seine beiden Treffer aus der 56. und 80. Minute das 3:1 für City in die Wege geleitet haben. Den Endstand erzielte Haaland in der Nachspielzeit. Damit hielt Foden seinen Klub in der Premier League in Schussdistanz zum Tabellenführer Liverpool vor dem direkten Kräftemessen am nächsten Sonntag – und behielt selbst die Oberhand im Duell mit seinem Nationalelfkonkurrenten Marcus Rashford. Der hatte United mit einem 25-Meter-Kracher ins Kreuzeck unter der Tribünen-Beoabachtung des England-Trainers Gareth Southgate früh in Führung gebracht. Beide kämpfen um eine Startposition auf den Angriffsflanken der Engländer.

Pep Guardiola lobt Foden überschwänglich nach seinen zwei Toren gegen United.

Rashfords Vorgabe toppte der ebenfalls aus dem Umkreis von Manchester stammende Foden mit einem Schlenzschuss in den Winkel von der rechten Seite und mit einem Spannstoß in die Ecke von der linken Seite. „Fantastisch“ sei das erste Tor gewesen, lobte Walker: Foden habe „die Qualität, Ruhe und Gelassenheit“ auf dem Platz, sein Ziel genau anvisieren zu können. Die Treffer veranschaulichen die Flexibilität des Linksfußes. Derzeit agiert er über rechts, kann prinzipiell jedoch auf beiden Seiten auflaufen; in die Mitte zieht er ohnehin immer. In dieser Saison kommt der Spielmacher schon jetzt auf 18 Treffer und zehn Assists in 40 Pflichtspielen, so viele wie nie zuvor in seiner noch jungen Laufbahn.

Foden war eine feste Größe, aber selten eine entscheidende

Pep Guardiola fand, dass der 23-Jährige der „Spieler der Saison“ sei und kein anderer „so entscheidend“ zum bisherigen Erfolg seines Teams beigetragen hätte. Woran Pep das festmache? Foden habe immerzu Tore erzielt, nun gewinne er aber mit diesen Matches, sagte der City-Trainer – und darüber würde sich ein Ausnahmespieler nun mal definieren. In der Vorwoche hatte Foden das Siegtor in der Liga gegen Bournemouth erzielt und kürzlich sogar alle drei Treffer beim Spiel in Brentford. Die Bilanz deutet an, dass Foden gerade dabei ist, den Durchbruch zur Weltklasse zu schaffen. Diesen Schritt prophezeiten ihm Fußballkommentatoren bereits bei seinem Profidebüt, das er 17-jährig im November 2017 für City absolvierte.

Seitdem ist er eine feste Größe in der Guardiola-Elf gewesen (über 250 Pflichtspiele), aber nie eine entscheidende. Dies lag daran, dass dem Trainer die bisweilen mangelnde defensive Arbeit nicht gefiel und er das taktische Verständnis des Talents bemängelte. Den Eindruck manifestierte Guardiola einst in einem geflügelten Zitat, wonach Foden „frei wie ein Vogel fliegen“ dürfe – aber trotzdem Pflichten zu erledigen hätte. So kam der Offensivallrounder selten für eine vordere Mittelfeldrolle infrage, die lange David Silva, İlkay Gündoğan und Kevin De Bruyne für sich beanspruchten. Und auf den Flanken setzte Guardiola überwiegend auf verlässlichere Profis wie Raheem Sterling, Riyad Mahrez, Jack Grealish und Bernardo Silva. Erst nach den Weggängen von einigen solcher Spieler und der Verletzungspause von De Bruyne in der vergangenen Hinrunde konnte sich Foden als Stammkraft etablieren – und sich auch von seinen erfolgreichen Vorgängern emanzipieren.

Die Fans sind besonders stolz auf Foden – weil er aus der eigenen Jugend stammt

Die Fans und Verantwortlichen von Manchester City sind besonders stolz auf ihn. Denn er gilt als der erste Spitzenspieler, den die kostspielig aufgebaute eigene Nachwuchsakademie unter der Eigentümerschaft des Emirats Abu Dhabi hervorgebracht hat. Foden soll als der Beweis gesehen werden, dass der Petrodollar-Verein nicht nur anderen Klubs die besten Spieler wegkaufen kann.

Gegen United, das seit je bekannt dafür ist, immer wieder hochklassige eigene Talente hervorzubringen, wurde Foden von den Besuchern stolz und demonstrativ als „one of our own“ besungen: als einer von uns. Zum Spielende wechselte Guardiola Foden aus, um ihm deren Aufmerksamkeit zu garantieren. Sie feierten ihn ausgiebig. Kurz zuvor hatte sich Phil Foden noch bei Haaland revanchiert. Nach dessen Tor drückte er ihm von hinten die Hände ins Gesicht und einen Kuss auf die Stirn.

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