Rodri bei Manchester City
Ausgerechnet Rodri fällt lange verletzt aus
24. Sep 2024, 19:10 Uhr
Manchester Citys Mitteldfeldstratege Rodri zieht sich eine schwere Knieverletzung zu. Erst kürzlich hat Spaniens Europameister die hohe Belastung im Spitzenfußball kritisiert und mit Streik gedroht. Führt sein Ausfall zu einem Umdenken?
Vielleicht musste es so kommen, dass sich ausgerechnet Spaniens Europameister-Captain Rodri eine mutmasslich schwere Verletzung zugezogen hat und für den Rest dieser Saison ausfällt. Am Sonntag vertrat sich der Mittelfeldstratege von Manchester City im Meisterschaftsspiel gegen den FC Arsenal (2:2) bei einem Eckball das Knie. Er schrie auf, gab das Zeichen zur Auswechslung – und humpelte, gestützt von zwei Betreuern, vom Rasen. Der Schock war nicht nur Rodri anzusehen, dem MVP unter den MVPs bei City, dem wertvollsten aller wertvollen Profis des Klubs. Sondern auch seinem Trainer Josep Guardiola und dem gesamten Team. City kassierte in der Folgeaktion prompt ein Gegentor und konnte trotz langer Überzahl nur durch ein eigenes Tor in letzter Minute einen Punkt retten.
Kein anderer Fussballer hat sich in letzter Zeit so sehr für die Gesundheit der Berufskollegen eingesetzt wie Rodri. Immer wieder kritisierte der 28-Jährige, der in diesem Jahr neben Real Madrids Toni Kroos als einer der Favoriten für die Wahl zum Weltfussballer gilt, den aus seiner Sicht kaum mehr zu bewältigenden Matchkalender. Wegen der neuen Klub-WM 2025 steht den Spitzenspielern, die auch für ihre Nationalteams im Einsatz sind, gerade eine nie da gewesene Mammutsaison mit bis zu 85 Pflichtspielen bevor. Sie haben von 2023 bis 2027 keine richtige Pause, aufgrund der EM 2024, der Klub-WM 2025 und der WM 2026. In diesem Sommer lagen nur vier Wochen zwischen EM-Final und dem Pflichtspielstart der neuen Saison.
Rodri droht mit Streik, die Kollegen schließen sich ihm an
Im Frühjahr 2024 hatte sich Rodri bei seinem Klub beklagt, seine Einsatzzahl sei seit Jahren «nicht gesund» und könne nicht dauerhaft so weitergehen. Seit seinem Transfer von Atlético Madrid 2019 (70 Millionen Euro) hat er die meisten Pflichtspiele aller Premier-League-Profis absolviert. Während der EM 2024 legte er nach, es sei bei ihm der Punkt erreicht, wo er nicht mehr kann. Und nun erklärte er, die Spieler stünden vor einem Streik. Viele Kollegen schlossen sich dem an. Nach seinem diesjährigen Urlaub traf Rodri als letzter Nationalspieler erst Mitte August in Manchester ein, vier Tage vor dem erstem Ligaspiel. Guardiola hatte es seinen an er EM beteiligten Profis freigestellt, wann sie das Training aufnehmen wollten. Gegen Arsenal stand Rodri dann erstmals in einem Ligaspiel in dieser Saison wieder in der Startelf. Seine Verletzung kann nun tatsächlich der hohen Beanspruchung geschuldet gewesen sein. Oder sie war einfach Pech, ungünstiges Karma oder eine Unkonzentriertheit.
Rodris Anliegen lässt sich in der Sache selbst zustimmen. Allerdings kommt dabei zu kurz, dass sich die enormen Gehaltsforderungen der Elitekicker für die Klubs überwiegend nur über mehr Pflichtspiele refinanzieren lassen. Die internationale Spielergewerkschaft Fifpro publizierte 2023 zum Pensum der Topspieler einen Bericht, der den rapiden Anstieg der Spielminuten an zwei prägnanten Beispielen veranschaulicht: Jude Bellingham absolvierte bis zu seinem 20. Geburtstag 14.445 Profispielminuten, mehr als 30 Prozent mehr als der vergleichbar begabte Wayne Rooney vor anderthalb Jahrzehnten im gleichen Alter. Und der Franzose Kylian Mbappé kam, als er 24 Jahre alt wurde, auf fast 50 Prozent mehr Einsatzzeit als sein Landsmann Thierry Henry vor zwei Jahrzehnten.
Rodri widerlegt das Fussballer-Klischee, zu Beginn der Karriere lebte er im Studentenheim
Schon zu Beginn seiner Laufbahn hat sich Rodri mit seinem Weitblick wohltuend von der Mehrheit seiner kickenden Kollegen abgehoben. Als er bereits für den FC Villarreal in der ersten Liga auflief, lebte er noch immer in einem Studentenwohnheim. Sein früherer Mitbewohner Valentin Henarejo schilderte der Sportzeitung «Marca», die Leute seien deshalb regelrecht geschockt gewesen. Über seine damalige ungewöhnliche Fahrzeugwahl, ein gebrauchter Opel Corsa, sagte Rodri einmal lapidar, ein Auto sei doch nur dafür da, um ihn «von A nach B zu befördern». Am meisten fällt heute auf, dass der Spanier im Vergleich zu fast allen seiner Kollegen nicht in den sozialen Medien vertreten ist. Er widerlegt die gängigen Fussballer-Klischees, lebt offensichtlich genauso umsichtig, wie er auf dem Platz agiert.
Rodri ist der Quarterback der City-Mannschaft, bei dem alles zusammenläuft und der auch für alles zuständig ist, für die Absicherung, Organisation und den Rhythmus im Match. Im Champions-League-Final 2023 gelang ihm sogar das Siegtor. Und zwischen Februar 2023 und Mai 2024 blieb Rodri in sagenhaften 74 Klub-Pflichtspielen in Serie ungeschlagen. Eine solche Sequenz hat im englischen Spitzenfussball wohl niemand sonst erreicht, sie ist ein Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde wert.
Führt Rodris Verletzung zu einem Umdenken?
Den Ausfall des Immerspielers kann nun selbst Manchester City nicht wirklich kompensieren. In England wird prognostiziert, Rodris Abwesenheit könnte bisweilen den Ausgang der Meisterschaft in dieser Saison beeinflussen. Führt seine Verletzung zu einem Umdenken im Spitzenfussball, hätte sie zumindest einen kleinen Nutzen.