Interimstrainer Ruud van Nistelrooy
Ruud van Nistelrooy erinnert an die gute, alte Zeit – aber nur kurz
04. Nov 2024, 18:44 Uhr
Ruud van Nistelrooy wird von den Fans von Manchester United gefeiert. Doch als Übergangstrainer des Klubs kann er beim 1:1 gegen den FC Chelsea wenig erwirken. Sein Verbleib im Klub unter dem neuen Coach Rúben Amorim ist fraglich.
Ruud van Nistelrooy feierte das Tor seines Teams, als hätte dieses das abgestürzte Manchester United mit einem Mal zurück an die Tabellenspitze der Premier League befördert. Der ehemalige Torjäger des Klubs (150 Treffer in 219 Pflichtspielen) rannte diesmal in seiner Zuständigkeit als Interimscoach die Seitenlinie entlang. Auf halber Strecke zur Eckfahne hob der 48-Jährige ab wie Michael Jordan zum Dunking, vollführte eine halbe Schraube und jubelte mit beiden Fäusten euphorisch den Zuschauern auf der Haupttribüne zu.
Allerdings konnte sich van Nistelrooy mit seinen Spielern im Liga-Heimmatch gegen den FC Chelsea nicht lange in der Luft halten, um genau zu sein: nur vier Minuten. Dann schlug United nach dem eigenen Elfmetertreffer durch Kapitän Bruno Fernandes in der 70. Minute wieder auf dem Boden auf: Moisés Caicedo besorgte für Chelsea mit einer Direktabnahme am Strafraum den Ausgleich. Am Ende blieb es beim 1:1 (0:0) zwischen beiden Vereinen, das United weiter im Unter- und Chelsea im Obergeschoss der Tabelle zurücklässt.
Englands Rekordmeister hatte sich von Ruud van Nistelrooy, der wegen seiner Erfolge mit dem Klub als Spieler zu den Sympathieträgern im Old Trafford gehört, einen positiven Stimmungsumschwung erhofft. Als bisheriger Assistenzcoach übernahm er das lethargische Team vom entlassenen Niederländer Erik ten Hag und wird es nächste Woche dem dann startenden Portugiesen Rúben Amorim übergeben. Der Plan ging zunächst auf: Als der Niederländer aus dem Kabinentunnel kam, begrüßten ihn die United-Fans mit „Ruud“-Rufen. Der Übergangstrainer bedankte sich freudig in alle Richtungen, klatschte mit einigen Balljungen und dem Klubmaskottchen Fred the Red ab – und schickte sogar eine Kusshand auf die Haupttribüne.
Ruud van Nistelrooy nahm nur eine Änderung in der Startelf vor
Die Stadionregie legte dazu den Evergreen „Take Me Home, Country Roads“ in der United-Version auf, die unter anderem an den triumphalen Königsklassenerfolg gegen den FC Bayern erinnert: „Im Nou Camp 1999, an Matt Busbys Geburtstag – oh, es war Party-Zeit.“ Die war mit Anpfiff jedoch verflogen. Auch weil van Nistelrooy die Startformation und Taktik im Vergleich zum letzten ten-Hag-Match nahezu unverändert ließ, als würde es gar keinen Anlass für Wechsel geben. Dabei hatte United bis zur Chelsea-Partie nicht die zweitmeisten, sondern die zweitwenigsten Tore geschossen: Nur Ugarte rückte für den verletzten Eriksen ins Team. Am Spielstil und der Leistung der Spieler änderte sich daher fast folgerichtig wenig.
So wirkte das Remis wie eine verpasste Chance für Ruud van Nistelrooy, als Cheftrainer auf sich aufmerksam zu machen und sich vielleicht für einen neuen Klub zu empfehlen. Bisher hatte er in dieser Funktion nur eine Saison bei der PSV Eindhoven gearbeitet. Vor dem letzten Spieltag 2023 verließ er damals den Verein, als Grund gab er mangelnde Unterstützung seitens des PSV-Managements an. In der nächsten Saison wurde Eindhoven unter Peter Bosz niederländischer Meister. Van Nistelrooys Verbleib in einer prominenten Co-Trainer-Rolle unter Amorim in Manchester erscheint fraglich. Der neue Coach kündigte an, in den Verhandlungen mit United darauf bestanden zu haben, seinen Mitarbeiterstab von Sporting Lissabon mitbringen zu dürfen. Ruud van Nistelrooy selbst erklärte, es sei sein „absolutes Ziel“, seinen bis 2026 laufenden Vertrag im Klub zu erfüllen.
Kein ehemaliger Ferguson-Spieler entwickelte sich zu einem Spitzencoach
In gewisser Weise ist van Nistelrooy seit dem Rücktritt der Überfigur Alex Ferguson 2013 der vierte Interimstrainer, der eine Spielervergangenheit unter dem Schotten hat. Zuvor waren mit dieser Tätigkeit schon Ryan Giggs, Ole Gunnar Solskjær und Michael Carrick betraut worden. Nur Solskjær erhielt im Anschluss daran bei United eine Festanstellung. Der Norweger ist neben dem Franzosen Laurent Blanc der vermutlich renommierteste Trainer, der aus allen Spielern hervorging, die Ferguson einst in seinen knapp 27 Dienstjahren angeleitet hatte. Insgesamt sind ungefähr drei Dutzend ehemalige Ferguson-Spieler inzwischen zu Trainern geworden. Dass sich daraus bisher kein Spitzencoach entwickelt hat, könnte auch an Fergusons Vorgehen gelegen haben: Er definierte sich mehr über Powerfußball und geschicktes Spielermanagement, weniger über taktische Innovationen. Immerhin verkörpert die Präsenz von Ruud van Nistelrooy derzeit ein wenig die gute alte Zeit bei Manchester United – und natürlich vor allem sein Jubel.