Titelchance für Hayes, Geschenke für Klopp

Emma Hayes und Jürgen Klopp haben ihre Vereine über viele Jahre geprägt und hören zum Saisonende auf, Klopp beim FC Liverpool und Hayes bei den Frauen des FC Chelsea. Zuletzt schienen ihre Teams bedeutende Titel zu verpassen – doch für einen Coach deutet sich ein Happy End an.

London – Emma Hayes hatte die Chance auf einen letzten Titel als Frauen-Trainerin des FC Chelsea in ihrer Abschiedssaison bereits aufgegeben. Nach der Niederlage in der Nachspielzeit am vergangenen Mittwoch im Meisterschaftsspiel beim FC Liverpool bekannte sie, dass das Titelrennen mit Manchester City praktisch entscheiden sei. Zu diesem Zeitpunkt lag Chelsea bei einem weniger absolvierten Match sechs Punkte hinter City, zuzüglich dem deutlich schlechteren Torverhältnis, das bei Punktgleichheit auch in der Women’s Super League gilt.

Zuvor war der englische Serienmeister innerhalb eines Monats in den nationalen Pokalwettbewerben jeweils knapp gescheitert – und schied zudem gegen den FC Barcelona im Champions-League-Halbfinale aus. Wegen eines zweifelhaften Platzverweises für Chelsea im Rückspiel fühlte Hayes sich nach dem Hinspielerfolg um den Finaleinzug „beraubt“, sie kritisierte die Entscheidung als „die schlechteste in der Historie der Königsklasse“.

Es sei doch noch nicht vorbei, korrigiert sich Emma Hayes

Ähnlich ernüchternd verliefen die vergangenen Wochen für Jürgen Klopp beim FC Liverpool. Nach seiner Rücktrittsankündigung im Januar zum Saisonende sah es nach dem League-Cup-Triumph so aus, als könnte ihn seine Mannschaft mit weiteren Titeln verabschieden. Allerdings mussten die Spieler den Anstrengungen dieser Spielzeit Tribut zollen, auf die Pokal-Pleite im FA-Cup folgte das unerwartete Aus im Europa League – und auch in der Premier League verlor Liverpool im Fernduell mit dem Manchester City und dem FC Arsenal erheblich an Boden.

Aufgrund der ähnlichen Saisonverläufe sind die Parallelen zwischen den beiden Trainern, Hayes und Klopp, kaum zu übersehen. Auch weil beide ihre Klubs über viele Jahre geprägt haben und nun zum Saisonende ihren Posten freiwillig räumen, Klopp nimmt sich nach achteinhalb Jahren am River Mersey eine Auszeit und Hayes übernimmt nach zwölf Chelsea-Jahren die Frauen-Nationalmannschaft der USA. Durch den Einfluss auf die Teams und Vereine haben beide in England eine bemerkenswerte Bekanntheit über den Fußball hinaus erlangt. Doch zum Abschluss deutet sich nur ein unverhofftes und ziemlich unglaubliches Happy End an.

Chelsea gewinnt 8:0 und hat nun das um einen Treffer bessere Torverhältnis

Als Hayes sich auf ihre Verabschiedung beim vorläufig letzten Chelsea-Heimspiel ihrer Karriere am Sonntagabend vorbereitete, ereilte sie die frohe Kunde aus Manchester, dass City soeben in Führung liegend durch zwei späte Gegentreffer sensationell das Ligaspiel gegen den FC Arsenal vermasselt hatte. Durch die Niederlage ergab sich für Chelsea plötzlich im Fall eines hohen Siegs die Möglichkeit, zum fünften Mal in Serie die englische Meisterschaft zu gewinnen. Und tatsächlich besiegte der Klub den Tabellenletzten Bristol City 8:0 – durch sechs Tore in der zweiten Halbzeit, drei Mal traf die Norwegerin Guru Reiten, die per Elfmeter schon den Führungstreffer erzielt hatte.

Vor dem letzten Spieltag der Saison in anderthalb Wochen liegt Chelsea damit bloß um drei Punkte zurück, hat aber ein Nachholspiel bei Tottenham Hotspur in der Hinterhand und das um einen Treffer bessere Torverhältnis. So korrigierte sich Hayes nach dem Match bei ihrer Abschiedsrede auf dem Platz. Es sei „verdammt noch mal nicht vorbei“, rief sie den eigenen Fans zu. Es gebe einen Titel zu gewinnen, weshalb jetzt keine Zeit für Sentimentalitäten sei und alle Arbeitsumtrunks abgesagt wären. Hayes sprach dabei ein Sonderlob an ihre Spielerinnen aus, die ihr in dieser Woche „etwas ganz Besonderes beigebracht“ hätten: dass man niemals aufgeben dürfe.

Die Übergabe eines Bilds rührt Klopp zu Tränen

Diese Mentalität macht auch den FC Liverpool aus, und das Team wahrte durch ein mitreißendes 4:2 gegen Tottenham eine minimale theoretische Restchance auf die Meisterschaft. Dafür müsste der Klub die zwei ausstehenden Spiele gewinnen und City und Arsenal fast keinen Punkt holen. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios ist in etwa so hoch, als würde Klopp doch über das Saisonende hinaus Trainer bleiben. Für die Spieler und den Verein geht es daher in erster Linie um einen versöhnlichen Ausklang für ihren Trainer – und den bereiteten sie ihm.

Klopps vorletztes Heimspiel gegen die Spurs mit vier Toren in der ersten Spielstunde glich einer Schnellzusammenfassung der spektakulären Partien unter ihm, veredelt durch ein Traumtor von Harvey Elliott. Die Fans drücken ihre Dankbarkeit bei jeder Gelegenheit aus. In den Tagen vor dem Spiel erhielt Klopp ein Bild von einer Liverpool-Anhängerin, das an sein Vermächtnis erinnern soll und ihn selbst bei der Übergabe zu Tränen rührte. Am Spieltag selbst feierten ihn die Fans ausführlich, auf einem der Plakate bat eine Stadionbesucherin um eine Umarmung mit ihm. Die Zuneigung dürfte Jürgen Klopp ähnlich viel bedeuten wie ein weiterer Pokal.