Bayern holt Michael Olise
Dribblings wie Leroy Sané
23. Jun 2024, 23:59 Uhr
Michael Olise von Crystal Palace wechselt zum FC Bayern. Er ist der fünfte England-Transfer des Klubs innerhalb von drei Saisons. Die Spielsweise des 22-Jährigen gleicht einem Flügelspezialist moderner Prägung.
In den vergangenen Jahren haben immer mehr englische Spitzenvereine die dominierende Marktposition des FC Bayern im deutschen Fußball angegriffen. Zahlreiche Spieler aus der Bundesliga, für die sich auch der Rekordmeister interessiert haben soll, wechselten lieber auf die Insel statt nach München. Diesem Kreis gehören etwa Offensivallrounder Kai Havertz und Torjäger Erling Haaland an. Die Kaufkraft der Premier-League-Klubs erschwerte es den Bayern, den eigenen Kader mit renommierten Topspielern aufzubessern. Als Gegenreaktion sieht sich der FC Bayern nun selbst vermehrt auf dem englischen Markt um. Nach den Transfers von Sadio Mané (2022) und Harry Kane (2023) steht der FC Bayern unmittelbar davor, den Engländern erneut einen begehrten Spieler wegzuschnappen. Dem Vernehmen nach sind sich die Münchner Sportchefs Max Eberl und Christoph Freund mit Außenstürmer Michael Olise vom prosperierenden Londoner Vorstadtverein Crystal Palace einig.
Der 22-Jährige besitzt angeblich eine Ausstiegsklausel bei Palace, die wohl bei 50 Millionen Pfund (knapp 60 Millionen Euro) liegt. Sollte der Aufsichtsrat des FC Bayern um den einflussreichen Ehrenpräsidenten Uli Hoeneß den kostspieligen Wechsel gestatten, hätte der Klub innerhalb von drei Saisons circa 200 Millionen Euro für neue Spieler an die englische Konkurrenz überwiesen. Olise wäre nach Mané und Kane sowie den beiden Leihgeschäften João Cancelo und Eric Dier bereits der fünfte Profi von der Insel in diesem Zeitraum.
Michael Olise wäre der fünfte England-Neuzugang innerhalb von zwei Jahren
Das Vorgehen des FC Bayern würde in mehreren Aspekten den zuletzt eingeleiteten Strategiewechsel fortsetzen. Lange Zeit hatten es die Münchner bewusst vermieden, für Profis aus Englands Topliga mitzubieten. Zwischen 2011 und 2020 holte der Verein nur Ersatztorwart Pepe Reina vom FC Liverpool. Und im Gegensatz zu den genannten, international renommierten Akteuren, die zum Zeitpunkt ihres Transfers allesamt mindestens 29 Jahre alt waren, haftet Olise der Status eines Talents an. Sollte er wechseln, würde er das Stammpersonal auf den Flügeln, so denn es dann überhaupt in München bleiben sollte, unter starken Konkurrenzdruck setzen: Leroy Sané, Serge Gnabry und Kingsley Coman sind alle 28 Jahre alt.
Michael Olise zählte in der Vorsaison mit den fast gleichaltrigen und gleichfalls begabten Eberechi Eze, Marc Guéhi und Adam Wharton zu einer außergewöhnlich guten Palace-Generation. Unter dem im Februar installierten früheren Bundesligatrainer Oliver Glasner legte das Team ein vorzügliches Saisonende mit sechs Siegen in sieben Ligaspielen hin. Dabei gelangen Olise vier Tore und drei Vorlagen, eine solche Ausbeute bewerkstelligte er ebenso im Winter mit acht Torbeteiligungen in fünf Partien. In diesen Phasen holte Palace jeweils die meisten Saisonpunkte.
Trickreich und dynamisch – Olise kommt überwiegend über die rechte Seite
Dass der Klub zwischenzeitlich trotzdem in Abstiegsgefahr geriet, lag auch an Olise – weil er die Hälfte der Saison ausfiel. Im Sommer 2023 zog sich der gebürtige Londoner, dessen Mutter französischer Herkunft ist, bei Frankreichs U21-Nationalelf eine Oberschenkelverletzung zu. Er musste operiert werden – und die Reha hielt einige Rückschläge parat, weswegen Olise erst im November sein erstes Saisonpflichtspiel bestritt. Zu Jahresbeginn verletzte er sich erneut am Oberschenkel, jedoch an einer anderen Stelle. Weil die Blessur offenbar nicht richtig ausgeheilt war, als er schon nach wenigen Wochen den Spielbetrieb wieder aufnahm, brach sie abermals auf. Diesmal fiel Olise zwei Monate aus und kehrte erst im April zurück.
Bei Palace hat Olise vorwiegend auf der rechten offensiven Seite agiert. Seine Spielweise gleicht der eines Flügelstürmers moderner Prägung: Er ist trickreich, dynamisch, antrittsschnell und torgefährlich. Als Linksfuß zieht er häufig in die Mitte, um selbst abzuschließen oder einen Mitspieler zu bedienen. Seine Bewegungsabläufe kommen wohl jenen Sanés am nächsten; beide sind fast gleich groß (Olise 1,84; Sané 1,83). In gewisser Weise würde er sich in die Tradition der dribbelstarken Seitenspieler beim FC Bayern einreihen, die einst die Flügelzange Franck Ribéry und Arjen Robben begründete.
Beim FC Bayern will Michael Olise zum Nationalspieler werden
Nach mehr als 150 Profispielen für Palace und seinen Jugendverein FC Reading dürfte der Reiz für Olise an einem Wechsel zu den Bayern darin bestehen, erstmals in der Champions League aufzulaufen und um Titel mitzuspielen. Für ihn geht es zusätzlich darum, erstmals für eine A-Nationalmannschaft nominiert zu werden – bisher lief er ausschließlich für französische Juniorenteams auf. Auch für England wäre er noch spielberechtigt. Im Falle eines Transfervollzugs dürfte die Entwicklung von Michael Olise in der Premier League mit Spannung verfolgt werden. Denn sie könnte darüber Aufschluss geben, wie häufig der FC Bayern weiter in England vorstellig wird.