Pep Guardiola und Manchester City

Umbruch mit ungewisser Zukunft

29. Mai 2024, 15:37 Uhr

Seit 2016 arbeiten Spielmacher Kevin De Bruyne und Trainer Pep Guardiola bei Manchester City zusammen. Doch ob sie das auch über ihr Vertragsende 2025 hinaus tun, ist derzeit fraglich. (Foto: Colorsport / Imago)
Seit 2016 arbeiten Spielmacher Kevin De Bruyne und Trainer Pep Guardiola bei Manchester City zusammen. Doch ob sie das auch über ihr Vertragsende 2025 hinaus tun, ist derzeit fraglich. (Foto: Colorsport / Imago)

Manchester City scheint trotz des vierten Ligatitels in Serie vor einem Umbruch zu stehen. Der Vertrag des Trainers Pep Guardiola läuft 2025 aus und auch der Verbleib einiger Schlüsselspieler ist fraglich. Zudem könnte der Klub wegen Verstößen gegen die Ligaregeln bestraft werden.

Von Sven Haist, London

Kaum eine Auswechslung eines Trainer hat in dieser Fußballsaison für mehr Gesprächsstoff gesorgt als die von Pep Guardiola. Der Coach von Manchester City nahm vor der Verlängerung des Champions-League-Viertelfinales gegen Real Madrid zwei Schlüsselspieler vom Platz, den Spielmacher Kevin De Bruyne und den Torjäger Erling Haaland. Die Maßnahme warf die Frage auf, ob sie ein genialer Schachzug oder eine verkopfte Idee des Taktikers Guardiola sei. Durch die Niederlage im Elfmeterschießen, bei dem De Bruyne und Haaland zu den sichersten Schützen gezählt hätten, stand das Urteil schnell fest: Guardiola hatte sich verkalkuliert!

Auf die vorwurfsvoll klingende Frage, warum er um Himmels willen die beiden Akteure vorzeitig rausgenommen habe, antwortete Guardiola gelassen: De Bruyne und Haaland hätten nicht weiterspielen können und „gebeten“, ausgewechselt zu werden. Ausgerechnet zwei derjenigen Spieler, die grundsätzlich selbst in nachrangigen Partien darauf bestehen, von Anfang bis Ende aktiv mitzuwirken. Als Guardiola De Bruyne wenige Wochen zuvor im Topspiel beim FC Liverpool in der zweiten Halbzeit frühzeitig auf die Bank beorderte, reagierte der Belgier mit einem Wutanfall auf die Entscheidung. Indem De Bruyne und Haaland nun von sich aus den Dienst quittierten – im wichtigsten Saisonspiel noch dazu –, sendeten sie der Fußballöffentlichkeit in der Saisonendphase ein Alarmsignal: Sie sind müde und kaputt und können nicht mehr länger durchalten, nicht mal mehr dreißig Minuten in der Verlängerung.

Manchester City hat die meisten Pflichtspiele bestritten – 59

Die Ermattung der City-Spieler ist eine Folge des unablässigen Terminkalenders und der kräftezehrenden Vorsaison. Der Klub erreichte den ersten Champions-League-Sieg der Historie und damit auch ein in England bisher nur vom Stadtrivalen Manchester United erreichtes Titel-Triple. Durch die Erfolge addierte sich die Zahl der Pflichtspiele für Manchester City in dieser Spielzeit auf 59, es sind die meisten eines Vereins in Europa.

Pep Guardiola über seine Zukunft bei Manchester City.

Die Auswirkungen zeigten sich im Abschneiden des Klubs in den einzelnen Wettbewerben. Manchester City konnte sich zwar mit einer beachtlichen Siegesserie am Ende die vierte Meisterschaft hintereinander sichern. Allerdings schien die Qualität des Kaders schien nicht mehr auf dem Niveau des Vorjahres zu sein. Während der gesamten Saison gelang der Guardiola-Elf kein Sieg gegen einen Spitzenklub: In der Premier League gab es in den Duellen mit dem FC Arsenal und dem FC Liverpool jeweils ein Remis und eine Niederlage; die beiden Aufeinandertreffen mit Real Madrid in der Champions League gingen jeweils unentschieden aus; und das FA-Cup-Finale gegen Manchester United verloren.

Zwölf Stammkräfte sind mindestens 27 Jahre alt

City konnte trotz stattlicher Investitionen die Abgänge des Kapitäns Ilkay Gündogan und des Flügelspielers Riyad Mahrez anscheinend nicht gleichwertig ersetzen, ließ auch das Talent Cole Palmer zum FC Chelsea ziehen. Der 22-Jährige entwickelte sich direkt zum Leistungsträger und kam auf 42 Torbeteiligungen in 48 Spielen. Dazu fiel es der Truppe schwer, die Ausfälle der verletzten Schlüsselprofs John Stones, De Bruyne und Haaland aufzufangen.

Guardiolas Reaktion auf die Frage, ob er nicht für immer bei Manchester City bleiben könne.

Der Altersschnitt der Mannschaft deutet daraufhin, dass Manchester City demnächst vor einem Umbruch stehen wird. Zwölf Stammspieler sind mindestens 27 Jahre alt, die Hälfte davon hat ihren 30. Geburtstag hinter sich. Der erste Vertrag eines Leistungsträgers läuft im Juni 2025 aus, es ist der von De Bruyne. Einige Spieler werden eine Entscheidung darüber zu treffen haben, ob sie bleiben wollen, sagte Guardiola vor wenigen Tagen. Andere Spieler würden hingegen, neu zum Team stoßen. Citys Sportdirektor, Txiki Begiristain, habe ihm versichert, dass auch in der nächsten Saison alles gut sein werde.

Guardiola kündigte an, erst in der neuen Saison über seine Zukunft zu entscheiden

Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren dürfte die Neuausrichtung der Mannschaft für den Klub trotz der enormen internationalen Reputation jedoch ein paar Komplikationen bereithalten. So läuft der Vertrag des Trainers 2025 aus, und Guardiola ist derzeit wohl eher nicht bestrebt, ihn vorzeitig zu verlängern. Er sei einem Abschied näher als einem Verbleib, teilte er mit. Erst während der nächsten Saison werde er sich zu seiner Zukunft Gedanken machen. Die Ungewissheit, ob er nach dann neun Jahren aufhört oder doch nochmals verlängert, ist vor allem für potenzielle Neuzugänge interessant, die ihre Planung vom Trainer abhängig machen.

Manchester City werden 115 Regelverstöße zur Last gelegt, sie könnten zum Abstieg führen

Ähnlich unvorhersehbar wirkt die Situation um den Gesamtverein, dem insgesamt 115 Verstöße gegen die Regeln der Premier League zur Last gelegt werden. Die meisten Delikte betreffen Finanzsachverhalte, einige beziehen sich auf die mutmaßlich mangelnde Kooperation des Klubs im Verfahren. Manchester City hat wie jetzt auch alle Vorwürfe stets bestritten und abgewiesen. Im Fall einer Verurteilung könnte dem Dauermeister ein Punktabzug oder der Zwangsabstieg drohen. Angeblich sollen die Anhörungen im Herbst 2024 beginnen.

Aus diesen Gründen wird es spannend sein, wie es Manchester City gelingen wird, den Kader wieder nach den eigenen Vorstellungen zu optimieren. Denn die Anforderungen und Erwartungen an die Mannschaft werden nicht nachlassen. In der nächsten Saison warten acht statt wie bisher sechs Gruppenspielen in der Champions League am Ende auch noch die Klub-WM auf den Verein. Er liebe zwar den Fußball, versicherte Guardiola, aber der Spielrhythmus sei einfach zu viel. So bliebe ihm ohne entsprechende Verstärkungen vorerst nur eine Möglichkeit, seine Spieler weiter zu schonen – indem er sie auswechselt.

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