Millionenstrafe für Manchester City
Dauermeister im Zuspätkommen
29. Aug 2024, 18:31 Uhr
Manchester City muss 2,5 Millionen Euro Strafe zahlen, weil Trainer Pep Guardiola seine Ansprachen immer wieder überzieht. In den vergangenen zwei Jahren erschien sein Team in 22 Premier-League-Spielen zu spät zu einer Halbzeit – aus taktischem Kalkül?
„Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät?“: Das dürfte sich Trainer Pep Guardiola und sein Klub Manchester City neulich gefragt haben. Denn die Premier League drehte die Uhren gewissermaßen zurück und gab bekannt, dass der englische Serienmeister in den vergangenen zwei Jahren in 22 (!) Matches zu spät zum Anstoß erschienen ist, acht Mal in der Saison 2022/23 und 14 Mal in der Saison 2023/24. Die fünf Verspätungen vor der ersten Halbzeit und die 18 vor der zweiten Halbzeit addieren sich auf 39 Minuten und 52 Sekunden. Im Heimspiel gegen Newcastle United im August 2023 war Guardiolas Mannschaft sogar vor dem ersten und zweiten Durchgang unpünktlich. Die größte Verspätung leistete sich City am letzten Spieltag der Vorsaison, im Fernduell mit dem FC Arsenal um die Meisterschaft: 2 Minuten und 46 Sekunden!
Die Spielordnung der Premier League hält in der Regel L.33 fest, dass ein Verein zu bestrafen sei, der ohne triftigen Grund den Spielbeginn vor der ersten oder zweiten Halbzeit eines Matches verzögert. Die Direktive schränkt die Trainer bei ihren Kabinenansprachen ein wie das Tempolimit die Sportwagenfahrer auf englischen Autobahnen. Bei Verstößen wird auf den grundsätzlichen Strafenabschnitt W verwiesen, in dem unter dem Punkt 51 verschiedene Sanktionsmöglichkeiten aufgeführt werden: Geldbuße, Sperre, Wiederholungsspiel, Punktabzug. Die Vorgaben sollen für Planbarkeit bei Klubs und Fans sorgen – sowie gewährleisten, dass die weltweiten TV-Übertragungen dem festgelegten Ablaufplan folgen.
Die Liga findet, Zuspätkommen stelle eher ein Risiko für kommerzielle Interesese dar als ein Wettbewerbsvorteil
Im fünfseitigen Beschluss heißt es, dass Manchester City die Spielverzögerungen eingeräumt und sich dafür entschuldigt habe. Der Klub einigte sich mit dem Ligaausschuss auf eine Geldstrafe – sie beläuft sich auf mächtige 2,09 Millionen Pfund (2,5 Millionen Euro), abgezeichnet von Citys Geschäftsführer Ferran Soriano. Für die erste Missachtung gab es eine Ermahnung, dann stiegen die Bußgelder gestaffelt von 10 000 Pfund auf 200 000 Pfund. Trotz der Sanktionshöhe sieht es aus, als wären die Dauersünder Guardiola und sein vom Emirat Abu Dhabi alimentiertes City, das zu den reichsten Vereinen zählt, noch mal glimpflich davongekommen. Guardiola darf seinen Trainerschein behalten, der Klub die Punkte.
Dabei könnte Manchester City ein vorheriges Urteil entgegen gekommen sein: Im März 2023 wurde der Ligakonkurrent Crystal Palace wegen zwei Anstoßverspätungen im Oktober 2022 zu einer Geldstrafe von 220 000 Pfund verdonnert, davon 70 000 auf Bewährung. In der Begründung kam die Disziplinarkommission zu folgendem Schluss: Das Zuspätkommen einer Mannschaft würde eher ein Risiko für die kommerziellen Interessen der Liga und Unannehmlichkeiten für die TV-Sender darstellen als ein Wettbewerbsvorteil gegenüber dem wartenden Team. Deshalb hielt es das Gremium für angemessen, die Unpünktlichkeit von Crystal Palace mit einer Geldbuße abzugelten.
Guardiola verspricht, sich in Zukunft kürzer zu fassen
In den Ausführungen blieb jedoch der mögliche taktische Nutzen für die zu spät spielbereite Mannschaft unerwähnt, den sie durch eine unrechtmäßig verlängerte Ansprache des Trainers erlangen könnte. In den meisten Spielen der Vorsaison, in denen Manchester City unpünktlich zur zweiten Halbzeit erschien, stand das Ergebnis auf der Kippe – so wie am vorletzten Spieltag, als Guardiolas Elf zur Übernahme der Tabellenführung bei Tottenham Hotspur gewinnen musste. Manchester City nahm sich in der Pause, Spielstand 0:0, knapp anderthalb Minuten mehr Zeit als erlaubt. Und am letzten Spieltag hätte der deutlich verspätete Anstoß bei engen Matchentwicklungen zur Situation führen können, dass der Verein gegen Spielende das Ergebnis des Konkurrenten Arsenal bereits kennt, während das eigene Spiel noch ein paar Minuten läuft.
Dem Ende Juli veröffentlichten Beschluss lässt sich entnehmen, dass die Vereinbarung der Sanktion im gleichen Monat erfolgte. Das bedeutet, dass der Ligaausschuss entweder lange Zeit keine Kenntnis über die Verfehlungen hatte oder die Bearbeitung vernachlässigte. Laut Regel L.32 ist stets der Heimklub verpflichtet, „jede Verspätung zusammen mit einer Erklärung dafür“ zu melden. Weil Manchester City in zwölf der 22 Matches zu Hause spielte, hätte sich der Verein also überwiegend selbst bei der Premier League anzeigen müssen.